Fremde in der Harmonie by Christian Montillon

Fremde in der Harmonie by Christian Montillon

Autor:Christian Montillon [Montillon, Christian ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neuroversum, Perry Rhodan, Science Fiction
Herausgeber: Pabel-Moewig Verlag GmbH
veröffentlicht: 2011-11-04T01:00:00+00:00


Gardeleutnant Pridon

Pridon stand in der Zentrale der EINKLANG, seines Kommandoschiffes, und zögerte die Abkopplung vom zerbrechenden Verwaltungspalast so lange wie möglich hinaus.

Er fühlte nacktes Entsetzen. So hatte er sich die Heimkehr in die Heimat nach all den Schwierigkeiten nicht vorgestellt – denn die größte aller Katastrophen wartete ausgerechnet hier auf ihn.

Die Evakuierung war in vollem Gange. In jeder Sekunde trafen einzelne Escalianer in dem Raumschiffsverband ein. Roboter scheuchten sie weiter, verteilten sie, sodass sich die ersten Einheiten bereits bis zur äußersten Kapazität füllten und es möglich wurde, sie abzukoppeln.

Dem Gardeleutnant blieb nichts übrig, als zuzusehen und zu hoffen. All diese Harmonischen, die er als seine Schutzbefohlenen ansah ... Er konnte nichts mehr aktiv für sie tun, um sie zu retten. Nur das Unvermeidliche, solange es irgend möglich war, hinauszögern.

Doch wenn er sich die Analysen des teilweise schon implodierenden Palastes betrachtete, wusste er, dass er nicht mehr lange warten durfte. Nicht lange genug. Vielen Bewohnern würde es nicht vergönnt sein, die rettenden Schiffe zu erreichen.

Manche würden zurückbleiben müssen und vergehen, von dem hyperphysikalischen Chaos und dem zerbrechenden Palast zermahlen und zerquetscht werden.

Kälte breitete sich in dem Gardeleutnant aus, und es war schlimmer als die beiden Male, in denen der Tod nach ihm selbst gegriffen hatte.

Soeben betrat Herzogin Rhizinza Yukk das Kommandoschiff.

Damit war die wichtigste Person an Bord, deren Sicherheit garantiert bleiben musste.

Je länger Pridon die Abkopplung hinauszögerte, umso mehr stieg die Gefahr, dass es zu spät für sie alle war ... dass sämtliche noch angedockten Schiffe ebenfalls ins Verderben gerissen wurden.

Aber auf der anderen Seite der Waage stand das Schicksal von so vielen, die sich sekündlich retteten.

Eine Minute bedeutete das Überleben von Dutzenden.

Oder den Tod von Tausenden.

Pridon versuchte Funkverbindung zu Alaska Saedelaere herzustellen. Es blieb still. Es spielte auch keine Rolle. Nicht mehr. Nicht im Angesicht des Todes.

Auf Bildschirmen sah er die Schleusen, die von dem Palast zu seinem Schiffsverbund führten. Escalianer hetzten hindurch. Manche schleppten andere mit sich, die verletzt waren. Einige hatten sogar ihre Masken verloren und scherten sich überhaupt nicht darum.

Die Aufnahmekapazität von Einheit Vier, dem kleinsten Schiff, konzipiert für zwanzig Mann Besatzung, war längst erreicht. Mehr als zwei Dutzend Personen überschritten bereits die höchstmögliche Grenze von Passagieren – es gab schlicht keinen Raum mehr. Und doch fing die Kamera etliche Menschen auf, die der Schleuse entgegenrannten.

»Wir müssen schließen!«, empfing Pridon die Nachricht des Kommandanten der kleinen Einheit. »Was sollen wir tun?«

In diesem Augenblick verfluchte der Gardeleutnant seine Entscheidung, sich mit Beginn des Notfalls wieder einsatzfähig zu melden und den Oberbefehl über alles an sich zu reißen. Denn nun lag es an ihm. Nun musste er über Leben und Tod entscheiden.

»Was soll ich ...«, begann der Kommandant erneut.

»Schließen«, sagte Pridon.

Mit diesem einen Wort, diesem simplen Befehl, rettete er etwa fünfzig Escalianer – und verurteilte einige andere zum Tod. Wie viele, wusste er nicht.

Doch er sah auf dem Bildschirm, ehe er den Blick abwandte, in zwei weit aufgerissene Augen hinter breiten Augenschlitzen. Ein ganzes Leben schien sich darin zu spiegeln, und Pridon war klar, dass er diesen Augenblick nie mehr vergessen konnte.



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