Frau Buchholz im Orient by Julius Stinde

Frau Buchholz im Orient by Julius Stinde

Autor:Julius Stinde
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Verlag von Freund & Jeckel


Zweiter Aufenthalt in Kairo.

Denderah. – Der Samum. – Bei den Straußen. – Schloß Gesihre und Lauchhammer. – Der Leutnant und die Haremswächter. – Zwilchhammers Unglück. – Beim Schech-es-Sadat. – Tanzende und heulende Derwische. – Die Mumien der Pharaonen. – Eine Koptische Hochzeit. – Wozu lange Traureden gut sind.

Die Rückfahrt auf dem Nildampfer – ›Amkeh‹ hieß er – gestaltete sich zu einer recht geselligen. Am Tage: Betrachtung der Gegend, ungemein bildende Gespräche, verschrobene Bücheransichten von Zwilchhammer, der seine letzte Platte daran wandte, ein Gruppenbild von uns zu nehmen, Zorn des Leutnants, dessen großer Koffer nie den richtigen Platz fand, und am Abend ein kleiner Nil-Skat: das war unser Lebenswandel. Bei Kenneh wurde etliche Stunden Halt zur Besichtigung des Hathortempels bei Denderah gemacht. Eselritte, Schutthügel, Bakschischfellachen waren wie gewöhnlich, der Tempel dagegen ist fast unbeschädigt. Würde die Malerei aufgefrischt und räucherte man die Fledermäuse aus, wäre er ein Pomp Aegyptens. Das Portrait der Kleopatra ist an der Außenwand noch erkennbar, wenn sonst auch die Angesichter der halberhaben gearbeiteten Figuren, wie überall, ausgekratzt, und die Sphinxe und Statuen geköpft sind. Was die Mohammedaner stehen ließen, kleben jetzt nachträglich die Wespen fest zum, die ihre Nester in den Vertiefungen der Inschriften und den Umrissen der Wandfiguren anlegen. Haushohe, bilderreiche Mauern sind von den fleißigen Thieren verkrustet, als wären sie mit Nilschlamm überzogen. Ob nun die Kleopatra ähnlich ist, wer kann das sagen? Jedenfalls sah sie hübscher aus als alle ägyptischen Antlitze, die das Schicksal vor der Zerstörung bewahrte. Von Leibe war sie lang und rank, und ihre etwas dicken Lippen lächelten. Das werden die Wespen ihr wohl nächstens besorgen.

Lobenswerth fand ich, daß der Tempel gegen das Eindringen der Fellachen abgesperrt ist, obgleich der Aufenthalt in der großen Halle Gesellschaft wünschenswerth macht, denn oben an den Säulen sind nach jeder Himmelsrichtung die Gesichter der Göttin Hathor angebracht, und von allen Seiten glupen die Augen der ägyptischen Liebesgötzin auf Einen herunter. Anfangs amüsirt einen das, schließlich aber wird man bange. Unter den Fellachen, die am braunstaubigen Ufer mit Antiquitäten und Früchten hökerten, war ein Mädchen von vielleicht acht bis neun Jahren von einer so hinreißenden Schönheit, wie ich seither in diesen Gegenden nicht sah. Das Ebenmaß der Glieder, die Feinheit der Hände und Füße, das liebreiche Gesicht mit Augen, wie ein Reh, sind nicht zu beschreiben. Das blaue Lumpenhemdchen zeigte mehr, als es verhüllte, und wie sie so dastand, die Frucht der Dumpalme mit rührender Anmuth anbietend, glich sie einer Bronzestatue aus Künstlerhand. Wir nannten sie die kleine Kleopatra, um sie der Erinnerung einzuimpfen. Mitten im schreienden Gesindel war sie ein himmlisches Geschöpf.

Der Postdampfer kam von Kenneh wieder zurück, holte uns ab, und weiter ging es. Am Abend sollten wir in Girgeh sein, wo große Messe mit allen möglichen Jahrmarktsbelustigungen abgehalten wurde, auf die der Postkapitän unsere gesammte Neugier lenkte. Als wir jedoch vor Girgeh anlangten, rannte das Schiff auf eine Sandbank und wir saßen fest. Die Dampfpfeife heulte. Nachen kamen vom Ufer, die Post zu holen und Männer zu bringen, uns flott zu machen. Die Wilden sprangen ins Wasser und schoben.



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