Frau Beate und ihr Sohn by Arthur Schnitzler

Frau Beate und ihr Sohn by Arthur Schnitzler

Autor:Arthur Schnitzler [Schnitzler, Arthur]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00


Drittes Kapitel

Als Beate aus dem Dunkel des Waldesschattens unter den freien Himmel trat, dehnte sich der Kiesweg sonnenweiß und brennend vor ihr hin, und fast bedauerte sie, daß sie die Villa Welponer so früh am Nachmittag verlassen hatte. Aber da die Hausfrau gleich nach aufgehobener Tafel zum gewohnten Schlummer, und Sohn und Tochter ohne weitere Erklärung verschwunden waren, hätte Beate mit dem Direktor allein zurückbleiben müssen, was sie[82] nach den Erfahrungen der letzten Tage auf alle Fälle vermeiden wollte. Seine Bemühungen um ihre Gunst waren allzu offenbar geworden, ja, gewisse Andeutungen von seiner Seite ließen Beate vermuten, daß er bereit wäre, sich ihr zuliebe von Frau und Kindern zu trennen; – wenn nicht gar eine Verbindung mit Beaten ihm vor allem andern die ersehnte Flucht aus unleidlich gewordenen häuslichen Verhältnissen bedeuten sollte. Denn mit ihrem in der letzten Zeit fast schmerzlich geschärften Blick für menschliche Beziehungen hatte Beate wohl erkannt, daß jene Ehe im tiefsten unterwühlt war und daß irgendeinmal unerwartet, ja ohne äußeren Anlaß, ein Zusammenbruch erfolgen könnte. Öfters schon war ihr die übergroße Vorsicht aufgefallen, mit der die Gatten das Wort aneinander zu richten pflegten, als könnte der bebende Groll, der um die harten Mundfalten der beiden alternden Menschen zu lauern schien, jeden Augenblick in bösen, nie wieder gut zu machenden Worten sich entladen; aber erst das Unglaubliche und noch immer nicht Geglaubte, das Fritz ihr in der verflossenen Nacht erzählt hatte, das Gerücht von einer Liebesbeziehung, die einst zwischen der Frau des Direktors und Beatens verstorbenem Gatten bestanden haben sollte, ließ sie den Ursachen einer so schweren Zerrüttung mit wirklicher Anteilnahme nachsinnen. Und war ihr auch jenes Gerücht noch heute während des Mittagmahls, da gleichgültig-harmlose Gespräche über den Tisch hin und her gingen, völlig unsinnig erschienen, so begannen jetzt, da sie allein auf dem Wiesenweg heimwärts schritt, durch die flimmernde Sommerluft, aus deren Gluthauch sich alles Lebendige in den Schatten verschlossener Stuben geflüchtet zu haben schien, Fritzens unzarte Andeutungen lebhaft und peinigend in ihr nachzuwirken. Warum, fragte sie sich, hat er davon gesprochen, und warum erst in dieser Nacht? War es Rache gewesen, weil sie ihn, da er am Morgen zu seinen Eltern nach Ischl fahren sollte, halb scherzhaft gebeten hatte, lieber gleich dort zu bleiben, als heute abend, wie seine Absicht war, wieder zurückzukehren? War die eifersüchtige Ahnung in ihm erwacht, daß er bei all seinem Jugendreiz nicht mehr für sie bedeutete als einen hübschen frischen Knaben, den man ohne weiteres nach Hause schicken konnte, wenn das Spiel zu Ende war? Oder hatte er nur seiner Neigung zu indiskretem Geschwätz nachgegeben, die sie ihm manchmal schon verweisen mußte, so neulich erst, als er Lust zeigte, von Hugos Stelldichein mit Fortunaten des näheren zu berichten? Oder war das Gespräch[83] zwischen Fritzens Eltern, das er kürzlich erlauscht haben wollte, gar nur eine Erfindung seines phantasievollen Kopfes, wie sich ja auch sein Besuch im Seziersaal, den er am Tage seiner Ankunft geschildert, neuerdings als eitel Prahlerei herausgestellt hatte? Aber, selbst angenommen, er hätte von dem Gespräch seiner Eltern im



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