Eisenerde, Kupferhimmel by Yaşar Kemal

Eisenerde, Kupferhimmel by Yaşar Kemal

Autor:Yaşar Kemal [Kemal, Yaşar]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Anatolische Trilogie, Religion, Türkei, Yashar Kemal
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-12-19T16:00:00+00:00


27

Lasst sehen, was der junge Tag bringt, was immer er beschert, hat seinen Wert! Die nächtlichen Schüsse, werden sie ihre Wirkung haben?

Schon früh am Morgen schickte Sefer seine Leute ins Dorf; und nachdem er der Zalaca noch einen Traum zu seinem Wohle gedeutet hatte, ließ er auch sie auf die Bauern los. Dieser Traum war hässlich und gegen Taşbaşoğlu gerichtet. Doch die Zalaca konnte es nicht über sich bringen, ihn auch nur einem Einzigen zu erzählen, so sehr sie sich auch bemühte. Nie wird sie jemandem diesen Traum anvertrauen. Oooh, Gott, was für ein Mensch ist doch dieser Sefer! Das hatte sie doch wirklich nicht geträumt … Und wenn, dann könnte sie es doch niemandem erzählen. Brennende Scham erfüllte sie und Wut gegen Sefer, wenn sie nur daran dachte.

Sefers Leute waren auch nicht träge. Sie schwärmten im Dorf aus und verbreiteten unerhörte Dinge über Taşbaşoğlu. Da war die Rede von Diebstahl, von Waisen, die er um ihre Rechte betrogen, von einem zwölfjährigen Waisenmädchen, das er geschändet habe. In seiner Jugend soll er nur mit Tieren der Wildnis und der Ställe kopuliert haben. Wäre der Hodscha von Karatoprak nicht gewesen, würde er heute noch diesem Laster frönen. Man munkelte, er soll einer Hirschkuh verfallen gewesen und ihr Tag und Nacht gefolgt sein. Erst durch die Gebete des Hodschas von Karatoprak sei er von dieser schmutzigen Leidenschaft befreit worden und habe fortan nur noch mit menschlichen Wesen geschlafen. Aber nur über achtjährige Mädchen habe er sich hergemacht und deren Eltern durch Drohungen in Angst und Schrecken versetzt. Sogar an Knaben soll er sich vergriffen haben.

»Kann es unter den Ahnen eines solchen Mannes denn einen Heiligen geben? Kann Lokman der Heilkundige eines solchen Mannes Großvater gewesen sein? Und wie ist es denn möglich, dass ein solcher Mann, der nicht wert ist, unter Menschen zu leben …«

Und dass Ahmet der Umnachtete den Boden zu Taşbaşoğlus Füßen geküsst hatte, wurde ganz neu gedeutet: »Ahmet der Umnachtete ging in jedes Haus und sagte jedem dessen Verfehlungen ins Gesicht. Und was heißt das? Das heißt: Auf dieser Welt hat jeder seine Fehler. Man kann jedem seine Fehler vorwerfen, aber dir nicht. Denn du hast davon so viele, o Taşbaşoğlu, dass du ohne Letztes Gericht geradewegs in die Hölle fahren wirst. Deswegen kann man nur noch ergeben die Erde zu deinen Füßen küssen. Mehr kann man auf dieser Welt für dich nicht tun. Du wirst in jener Welt so tief fallen, so viel Leid erfahren, dass man in dieser Welt nichts anderes tun kann, als im Namen der Menschheit die Erde zu deinen Füßen zu küssen.«

Unermüdlich wie Nachtigallen sangen Sefers Leute dieses Lied, das er sie gelehrt hatte. Sie redeten, bis ihnen die Zungen schwollen und der Speichel im Munde eintrocknete. Aber all dies ging den Bauern zum Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Und manchmal war die Wirkung ganz anders als erwartet.

Lasst sehen, was der junge Tag bringt, was immer er beschert, hat seinen Wert! Sefer blickte diesem Tag mit Zuversicht entgegen, er hatte wieder Hoffnung geschöpft.



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