Eine strahlende Zukunft by Richard Yates

Eine strahlende Zukunft by Richard Yates

Autor:Richard Yates [Yates, Richard]
Die sprache: nld
Format: azw3, mobi
Herausgeber: Deutsche Verlags-Anstalt
veröffentlicht: 2014-01-23T23:00:00+00:00


6. KAPITEL

Die Adresse, die er ihr genannt hatte, erwies sich, wie zu erwarten, als dieselbe kleine Bar in der Sixth Avenue, in der sie auch beim letzten Mal gesessen hatten. Und als sie zur Tür hereinkam, wartete er am selben Tisch auf sie und stand in einem von Staubkörnern gesprenkelten Strahl der Nachmittagssonne auf.

»Lucy«, sagte er. »Ich hoffe, du hast an dieser Bar nichts auszusetzen. Ich dachte, so könnten wir vielleicht da weitermachen, wo wir aufgehört haben.«

Er sah nicht mehr so mager aus, aber vielleicht war es auch eine Frage des Selbstvertrauens und nicht des Gewichts, und er war viel besser gekleidet. Auch seine Hände waren ruhig, selbst vor dem ersten Drink, und ihr fiel zum ersten Mal auf, dass sie schön aussahen.

Er erzählte, er sei sechs Monate in Hollywood gewesen, wo er das Drehbuch zur Verfilmung eines zeitgenössischen Romans schreiben sollte, der ihm immer gefallen habe, doch das Filmprojekt sei an der Besetzung gescheitert, »weil sie Natalie Wood nicht für die Hauptrolle bekommen konnten«. Jetzt sei er wieder zu Hause und ziemlich pleite, fast wieder da, wo er angefangen habe – nur dass sein erstes Buch natürlich schon eine Weile zurückliege.

»Das Buch ist schön, Carl«, sagte sie. »Hat es sich gut verkauft?«

»Nee, nee, nicht besonders, aber das Taschenbuch lief ganz gut. Und ich bekomme immer noch genug Post, um zu wissen, dass ein paar Leute da draußen das verdammte Ding tatsächlich lesen; mehr hätte ich mir wohl nicht erhoffen sollen. Aber jetzt nervt mich, dass ich schon länger an einem neuen Roman sitze und ihn offenbar nicht auf den Weg bringe. Langsam begreife ich, was Schriftsteller mit der Angst vor dem zweiten Buch meinen.«

»Du kommst mir aber nicht ängstlich vor«, sagte sie. »Alles an dir deutet darauf hin, dass du genau weißt, was du tust.«

Er wusste zweifellos, was er tat. Nach weniger als zwanzig Minuten hatte er sie aus der Bar in die schummerige Abgeschiedenheit seiner ein, zwei Straßen entfernten Wohnung gelotst.

»O Baby«, murmelte er, während er ihr beim Ausziehen half. »O meine Schöne. O mein schönes Mädchen.«

Das einzige Problem lag zunächst darin, dass sich ein kleiner, stocknüchterner Teil ihres Verstands von ihrem restlichen Bewusstsein gelöst hatte; der war in der Lage zu beobachten, wie feierlich, wie ernst in seiner behaarten Nacktheit und wie berechenbar ein Mann in solchen Momenten sein konnte. Du musstest ihm nur deine Brüste darbringen, und schon schloss sich sein hungernder Mund erst um die eine und dann die andere von beiden und sog fest an den Brustwarzen; du brauchtest nur die Beine zu spreizen, und schon machte sich seine Hand an dir zu schaffen und grub unermüdlich. Dann war da wieder sein Mund, und dann war er in dir, jungenhaft stolz auf das erste Mal, drängend und stoßend und bereit, dich ewig zu lieben, und sei es nur, um zu beweisen, dass er es konnte.

Doch es gefiel ihr – ach, ihr gefiel alles, und der verräterische kleine Teil ihres Verstands erlosch, lange bevor es vorbei war. Und sobald ihr Atem und ihre Stimme wieder normal klangen, sagte sie zu Carl Traynor, er sei »wunderbar«.



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