Ein toter Lehrer Roman by Simon Lelic

Ein toter Lehrer  Roman by Simon Lelic

Autor:Simon Lelic [Lelic, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426408803
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2011-02-17T00:00:00+00:00


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as ist das Allererste, an das Sie sich erinnern können?

Ich weiß es auch nicht genau. Ich bin auf einem Boot, glaube ich, und ich hab diesen Pullover an, meinen Lieblingspullover. Vorn war so eine Blume drauf.

Wollen Sie wissen, was meine erste Erinnerung an Samuel ist?

Er kneift mich. Ich war vier, glaub ich, vielleicht auch fünf, also muss er so sieben gewesen sein, sieben oder acht. Ich liege auf dem Rücken, und er kniet auf mir drauf, und ich hab einen Arm frei und haue ihn, aber er beachtet das gar nicht oder merkt es nicht, weil er sich nämlich gerade meinen anderen Arm vornimmt und mich da, da und da und bis hier hoch kneift, und dabei grinst er. Das weiß ich noch ganz genau. Wie wenn ich’s neulich Abend im Fernsehen gesehen hätte.

Er hat mich gehasst. Ich ihn auch, aber er mich zuerst. Ich bin ihm ein Dorn im Auge gewesen. Hat Annie gesagt. Sie sagt, er hat mich nicht gehasst, sondern ich bin ihm ein Dorn im Auge gewesen, aber ich habe dann noch mal nachgelesen, was der Ausdruck genau bedeutet, und im Prinzip heißt es, dass er mich gehasst hat. Übrigens wusste ich auch schon vorher, was es heißt. Ich bin nicht dumm, ich guck nur gern Sachen nach. Ich hab so ein Lexikon, das hat Annie mir besorgt, und da guck ich gern Wörter und Redewendungen nach, weil sie nämlich manchmal was anderes bedeuten, als man denkt, nicht so sehr oft, aber oft genug, dass man was anderes sagt, als man eigentlich sagen will. Wissen Sie, was ich meine?

Ich bin froh, weil, das tut nämlich nicht jeder. Manche Leute sagen einfach irgendwelche Wörter und denken gar nicht drüber nach, was sie überhaupt bedeuten. Sie sagen sie einfach so dahin und denken erst hinterher nach, was sie überhaupt gesagt haben.

Mein Dad konnte gut mit Wörtern umgehen.

Jetzt ist er tot. Er ist ertrunken. Da war ich zehn. Aber er hatte immer so Hefte mit Denkaufgaben drin: Kreuzworträtsel und Wörtersuchen und die, wo alle Buchstaben durcheinandergemischt sind und man sie wieder richtig sortieren muss, wie heißen die? Wie bei Glücksrad, ganz am Schluss, die, die ich nie rauskriege.

Richtig. Anagramme. Mein Dad saß also jeden Abend mit so einem Heft da, und manchmal durfte ich mich zu ihm setzen, wenn ich ruhig war und nicht so viel rumgezappelt hab, und dann hab ich ihm geholfen oder es wenigstens versucht. Wörtersuchen konnte ich immer gut, aber Kreuzworträtsel sind nicht so meine Stärke, die hab ich noch nie gern gemacht. Sam konnte die gut. Manchmal, wenn Dad nicht weiterkam, hat er Samuel gefragt, und Sam hat dann gesagt, das heißt soundso oder soundso, und manchmal hat er auch nur mit den Schultern gezuckt, aber meistens wusste er es. Sam ist dann auf die Uni gegangen. Dad hat immer gesagt, Samuel geht mal auf eine Universität, und so war’s dann auch. Es wäre besser gewesen, wenn nicht, sagt Annie. Er hätte lieber bei mir bleiben sollen, sagt sie. Annie meint, wenn Sam dageblieben



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