Ein Tagwerk Leben by Dora Prinz

Ein Tagwerk Leben by Dora Prinz

Autor:Dora Prinz [Prinz, Dora]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426559437
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2012-02-22T16:00:00+00:00


Zwei Tage vor Ägidi fuhren wir hinaus, um den letzten Heuschnitt in diesem Sommer einzufahren. Gib bloß auf Ägidi acht, der zeigt, was der September macht, sagte man, doch noch war das Wetter mild und trocken.

Die erste Wiese lag am Hang. An seinem Fuß wuchs ein Wäldchen, so begannen wir im Schatten, das trockene Gras zu Reihen zu rechen. Die Bäuerin stieg auf den Heuwagen und der Knecht und der Opa stachen mit langen Ladegabeln in die Haufen. Der Bauer konferierte mit wichtigen Herren im Rathaus und der Karl war nach Leutkirch zum Markt gefahren.

»Stemm hoch!«, rief der Siegfried.

Ich stemmte eine Ladung Heu hoch.

»Schneller.«

»Es ist recht so!«, rief die Bäuerin von oben.

»Wenn sie so langsam tut, schafft sie nichts.«

»Sie schafft genug«, sagte der Opa und maß den Knecht mit strengem Blick.

»Weiber …«, brummte der Siegfried. Er wurde immer frecher. Der Bauer wies ihn nur selten zurecht; er hatte wohl Angst, der Knecht könnte gehen, denn auch wenn er faul war, war er doch groß und kräftig.

Wir luden weiter, und als der Wagen haushoch beladen war, liefen die Bäuerin, der Opa und ich ein letztes Mal über die Wiese und rechten Reste zusammen. Der Knecht setzte sich in den Schatten unter einen Baum und rauchte. Dann stand er auf und ging.

Ich traute meinen Augen nicht.

»Wir fahren den Wagen selbst heim«, sagte die Bäuerin wütend. »Kannst fahren?«

Ich nickte, stieg auf den Bock und nahm die Zügel. Langsam zogen die Gäule den schwankenden Wagen zurück ins Dorf, der Hund lief mal voraus, mal hinterher, während die Bäuerin und der Opa eine Abkürzung über die Wiesen nahmen.

Auf dem Hof führte ich die Gäule hinter die Scheune, wo eine Rampe zum Heuboden hinaufführte. Sie tänzelten und scheuten vor der Steigung. »Ruhig, Moritz …« Ich strich dem Wallach über den Hals und hielt die Zügel kürzer. »Ganz langsam und ruhig …« Zögernd setzten sie ihre Hufe auf. »Brav macht ihr das.« Ich gab mit den Zügeln ein wenig nach, lockte und lobte, achtete auf den Weg und auf jeden Schritt, den die Gäule machten, und darauf, dass der Wagen in der Spur blieb; noch nie hatte ich einen so vollen Wagen allein eingeführt. Ich sah nicht, dass oben, wo ein Loch im Boden war, weil dort im Winter das Getreide herabgeworfen wurde zum Dreschen, eine Diele fehlte.

Mit lautem Krachen brach der Moritz ein.

Holz splitterte, die Rösser wieherten panisch, etwas riss an meinem Arm, der Wagen legte sich schief, ich stolperte, stürzte. Einen Zügel noch immer in der Hand, rappelte ich mich wieder auf. Der Max stieg und ich versuchte, ihn zu beruhigen, doch als ich sah, dass der andere Gaul mit den Hinterbeinen einen Stock tiefer in der Dreschmaschine hing, blieb mir beinahe das Herz stehen. Er strampelte und schrie, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Seine Augen waren weit vor Schreck. Ich streckte mich, löste die Riemen, das Leitseil von der Deichsel, spannte aus und führte den Max am Heuwagen, der schief und verkeilt in der Einfahrt hing, vorbei, die Rampe hinunter.

»Was ist los?«, schrie der Karl und rannte die Auffahrt hoch.



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