Ein sturer Hund (Cheng 02) by Heinrich Steinfest

Ein sturer Hund (Cheng 02) by Heinrich Steinfest

Autor:Heinrich Steinfest [Steinfest, Heinrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper


Ein Wintermärchen

Als Cheng gegen halb sieben Uhr aus seinem Schlaf gerissen wurde, hing dies mit den Geräuschen zusammen, die vom Gang her in sein Zimmer drangen. Übrigens erwachte er, ohne daß ihm ein Polaroid am Hintern klebte. Er hatte das Foto, nachdem er sich zum Schlafen ausgezogen hatte, noch eine Weile betrachtet, um es dann auf der Unterseite der Schreibtischschublade anzubringen. Kein Mensch würde dort danach suchen, sagte sich Cheng. Vor allem, weil kein Mensch überhaupt danach suchen würde. Warum denn auch?

Es war nun keineswegs so, daß die anderen Bewohner des Hauses an diesem Morgen sonderlich lärmten, aber das Schlagen der Türen, das Dröhnen der Radios, die Schritte auf dem knarrenden Holzboden sowie die Gespräche und Zurufe verbanden sich zu einer Klangmasse, die Cheng daran hinderte, noch einmal einzuschlafen. Weshalb er nun ebenfalls sein Radio andrehte und eine gute Stunde lang klassische Musik, Weltnachrichten und einen Essay über die Frage nach der Metaphysik bei Heidegger mit halbem Ohr konsumierte, um dann in den nun menschenleeren Gang zu treten und in das Badezimmer gegenüber der Treppe zu gehen.

Es dampfte in dem kleinen Raum. Der Geruch von Männern und ihren Rasierwassern war so intensiv, daß Cheng meinte, in seinem Naseninneren finde eine Verklumpung statt. Das Fenster aufzumachen, wagte er der Kälte wegen nicht. Weshalb er die Tür öffnete, um Frischluft hereinzulassen, soweit man die Luft aus dem Flur als solche bezeichnen konnte. Dann stellte er sich unter die Dusche, wo er sich auch die Zähne putzte. Seine morgendliche Reinigung vollzog er so sorgsam wie rasch.

Kurz vor acht saß er in derselben Nische wie am Vorabend und frühstückte. Wenig später erschien Purcell. Gemeinsam nippte man am Kaffee und wartete darauf, daß die beiden Polizisten auftauchen würden. Was diese aber nicht taten.

»Vielleicht stehen die zwei schon draußen und frieren sich ihre Ärschchen ab«, mutmaßte Purcell.

»Kann sein. Aber wie auch immer. Es wäre ziemlich absurd, wenn wir ewig hier säßen, um auf unsere Beschatter zu warten. Die müssen schon selbst schauen, wie sie zurechtkommen.«

Doch auch als Purcell, Cheng und Lauscher auf den Parkplatz gingen, war nichts anderes festzustellen als der Umstand, daß es ein schöner Tag werden würde. Das klare Blau eines wolkenlosen Morgens stand über den Dingen, denen größtenteils Hauben aus Schnee übergestülpt waren. Auch im Fall des Fiats, den Purcell nun von seiner weißen Pracht befreite.

»Und was jetzt?« fragte Purcell, als man bereits im Wagen saß.

»Fahr einfach mal los. Ich denke, wir werden die Herrschaften bald zu Gesicht bekommen.«

»Und was ist, wenn diese Schweinchen mein kleines Auto mit einem Sender bestückt haben? Was dann?«

»Unsinn. Rosenblüt kann sich wohl denken, daß wir wissen, daß er uns seine Leute hinterhergeschickt hat. Gut, alles muß seine Ordnung haben. Ein bißchen Tarnung. Ein bißchen Abstand. Aber ein Sender? Nein.«

Als man nun durch eine Landschaft fuhr, deren schneebedeckte hügelige Flächen teils im Licht glänzten, teils in einem blaugrauen Schatten lagen und die in ihrer glatten Gewölbtheit an Purcells Bauch erinnerten, da war im Rückspiegel nichts zu erkennen, was auf eine Verfolgung hinwies. Selbst als Purcell den Wagen auf



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