Ein Kuß als Belohnung by Bernt Danielsson

Ein Kuß als Belohnung by Bernt Danielsson

Autor:Bernt Danielsson [Danielsson, Bernt]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2015-10-08T00:00:00+00:00


12

Die Postkarte von Snuttan

Vom quietschenden Gartentörchen am Kevingering 3 sah man oben auf einem Hügel ein ziemlich verfallenes Holzhaus. Ein Holztreppe wand sich abenteuerlich zwischen Büschen, Kiefern und Felsbrocken nach oben.

„Doch, das ist richtig hier“, sagte Schröder. „Auf dem Briefkasten steht Jörgen Norling. Nee, hier würde ich wirklich nicht im Winter wohnen wollen. Stell dir mal vor, wenn die da vereist sind.“ Schröder wollte mir zeigen, was er mit „die da“ meinte, und trat fest auf die zweite Treppenstufe. Das Holzbrett brach mit einem kurzen, dumpfen Knall, und Schröders Fuß steckte fest. Er hatte Glück, daß ich genau hinter ihm stand, sonst hätte es ziemlich bös ausgesehen für ihn. „Verfluchte Pest!“ schrie er und klammerte sich an mir fest. „Was für ein Murks!“

Unter lautem und ausführlichem Fluchen und Stöhnen bekam er seinen Fuß wieder frei.

„Wie sieht es aus?“ fragte ich.

„Beschissen!“ stöhnte er. „Guck mal!“

An seinem rechten Schuh, um den es schon vorher nicht zum besten stand, war vorne an den Zehen die ganze Naht aufgeplatzt. Als er ihn hochhielt, sah ich einen ziemlich schmutzigen Frotteesocken. Er bückte sich und massierte das Fußgelenk.

„Vielleicht gehst du hoch und redest mit ihm“, sagte ich und dachte daran, daß ich Probleme haben könnte, die Treppe wieder runterzukommen. „Mein Knie, du verstehst –“

„Fängst du schon wieder damit an? Du hast doch jetzt deine verdammte Wurst gekriegt!“

„Hamburger“, sagte ich sachlich. „Ich habe einen Hamburger gegessen.“

„Das ist doch wohl egal. Der Kartoffelbrei war gut, aber auch nur, weil sie Ausländerin war. Maggi-Pfanni hat ihr noch keine Pulverchemie andrehen können!“

Langsam und ausgesprochen vorsichtig – er testete jede Treppenstufe – ging Schröder unter konzentriertem Schweigen nach oben. Und ich kam natürlich hinterher, obwohl ich es nicht vorgehabt hatte.

Das Haus war auch aus der Nähe heruntergekommen. Es war wohl einmal hellgrau gewesen, dann mit roter Farbe übermalt worden, die jetzt großflächig abblätterte. Es sah aus, als ob Moos auf den Dachziegeln wuchs.

Schröder zupfte den Trenchcoat zurecht, schob die Sonnenbrille hoch und klingelte.

Die Tür wurde sofort aufgemacht, und ein älterer Mann mit weißen Haaren und einem ebenso weißen, buschigen Bart schaute uns durch eine große Brille an. Er hatte einen khakifarbenen Overall an, der besonders an den Hosenbeinen voller Farbflecke war.

„Ja? Wollt ihr Gottes Grammophon kaufen, seid ihr das?“ Er blinzelte Schröder an und warf mir einen Blick zu.

„Entschuldigung, was bitte?“ murmelte Schröder und war ganz durcheinander.

„Gottes Grammophon. Das Bild natürlich. Das Bild.“

„Ähm... nein, das sind nicht wir“, sagte Schröder stockend.

„Guten Tag“, sagte er dann und verbeugte sich.

Der Mann schaute auf Schröders vorgestreckte rechte Hand hinab und sah erstaunt aus. „Nee“, sagte er betrübt, „ich kann nicht, aber trotzdem hallo.“

Schröder schien jetzt total durcheinander zu sein.

Wenn das Jörgen Norling ist, dann gefällt er mir, dachte ich.

„Also, ich, ich heiße Raymond Schröder. Sind Sie – bist du vielleicht Jörgen Norling?“ stotterte Schröder und wußte nicht, was er mit seiner vorgestreckten rechten Hand machen sollte.

„Kann leider nicht das Gegenteil behaupten“, sagte Jörgen Norling, grinste breit und entblößte dabei ganz glatte, blendende Zähne. „Schröder? Hast du gesagt Schröder? Das klingt irgendwie bekannt, muß fast



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