Echte Engländer by Tessa Szyszkowitz

Echte Engländer by Tessa Szyszkowitz

Autor:Tessa Szyszkowitz
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Picus Verlag
veröffentlicht: 2018-06-15T00:00:00+00:00


ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT?

»Britische Politik ist durch den Brexit völlig verzerrt worden«, meint Ex-Premier Tony Blair. Doch die Partei müsse jetzt klare Position beziehen: »Viele, die links gewählt haben, wären bestürzt, wenn Labour am Ende mit der Regierung für den Austrittsvertrag stimmt.«

Allein, Tony Blairs Chancen, in der eigenen Partei Gehör zu finden, sind gering. Blair ist vielen Corbynistas noch verhasster als die regierenden Tories. Die Gerüchte, Blair wolle eine neue Partei der Mitte gründen, verstummen deshalb nie ganz.

Auch die Labour-Abgeordneten um den Zentristen Chuka Umunna finden in der eigenen Partei kein Gehör. Umunna kämpft daher eher gemeinsam mit Tory-Rebellinnen wie Anna Soubry gegen einen harten Brexit. »Zwei Drittel der Labour-Wähler wollen im Binnenmarkt bleiben«, meint der businessfreundliche Politiker. Der knapp vierzigjährige Sohn eines nigerianischen Vaters und einer irisch-englischen Mutter war ein Shootingstar in der Partei, bevor Corbyn die Macht ergriff. Er hält Corbyns Politik für einen verheerenden Fehler gegenüber der eigenen Klientel: »Der Austritt aus der EU ist die härteste Sparmaßnahme, die man dem Vereinigten Königreich verordnen kann.«

Die sozialistische Utopie, die Corbyn und John McDonnell gerne skizzieren, ist eine radikale Umstellung, die der Globalisierung einen Riegel vorschieben will. Das hat in den Augen vieler Wähler tatsächlich höchste Dringlichkeit, gehen doch Jobs und Existenzen verloren, weil die bisherige Politik nicht rechtzeitig und nachhaltig auf die riesigen Umstellungen reagiert, die auf Großbritannien und den Rest Europas in den kommenden Jahren zukommen. Ob fahrerlose Autos oder die steigende Relevanz Chinas für die Kräftebalance der Wirtschaftsmächte – wie soll ein ehemaliges Handelsreich mit schwächelnder Produktivität wie Großbritannien darauf reagieren?

Der linke Vordenker Paul Mason will, dass sich die linke Bewegung mit der digitalen Revolution auseinandersetzt und Antworten findet, damit die Sozialstrukturen auch in Zukunft noch finanziert werden können. In seinem Buch »PostCapitalism: A Guide to Our Future« skizziert er eine radikale sozialistische Zukunft. Das Finanzsystem soll sozialisiert werden, indem Banken reguliert werden und Offshore-Steueroasen geschlossen werden. Arbeit soll in kollaborativer und kooperativer Zusammenarbeit gedacht werden. Ein Grundeinkommen für alle rundet sein Modell ab: »Weniger arbeiten und das Leben mehr genießen.«

Das ist visionär gedacht. Großbritannien könnte ein guter Ausgangspunkt für ein neues, radikales Modell sein. Mason als Marx II gewissermaßen. Die Digitalisierung ist zumindest im urbanen Raum weiter fortgeschritten als auf dem europäischen Kontinent. Symbolisch und symptomatisch für diese Entwicklung: House of Fraser, die alte englische Kaufhauskette, sperrt immer mehr Standorte zu. In die leeren Etagen ziehen neue Mieter – Trampolin-Hallen sind populär, weil man im Internet nicht springen kann. Schönheitssalons breiten sich aus, Nägel lackieren und Haare schneiden ist online auch nicht möglich. Das ist nur ein kleines Beispiel. Es gilt, jene Branchen zu identifizieren, wo Menschen Mehrwert bieten.

Fraglich ist allerdings, ob die verzagten Briten, die auf Jahre mit dem Brexit blockiert sind, bei innovativen Projekten mitmachen wollen und eine radikal linke Regierung wählen werden. Ein soziales Netzwerk für die Schwächeren der Gesellschaft innerhalb des Landes zu spannen, ist gewiss weiterhin eine zentrale Aufgabe für jede sozialdemokratische Partei. Internationale Solidarität und Empathie sind nicht nur historisch, sondern auch in Zukunft Eckpfeiler linken Denkens.

Es wäre allerdings sehr anzuraten, sich dafür intensiv nach Partnern umzusehen.



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