Die weisse Rose von York Historischer Roman by Anne Easter Smith

Die weisse Rose von York Historischer Roman by Anne Easter Smith

Autor:Anne Easter Smith
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks
veröffentlicht: 2010-04-21T16:00:00+00:00


Noch niemals in ihrem gesamten Leben hatte Margaret so viele Koffer und Taschen auf einmal gesehen. Karren, Kutschen, Pferde, Soldaten, Pagen, Diener und Stallburschen - das Atrium im Prinsenhof war von heillosem Gedränge erfüllt, während Margaret fasziniert aus dem Fenster ihres Schlafzimmers die Szenerie unter sich beobachtete. Vorsichtig fuhr sie mit dem Finger einmal über die in Blei gefassten Rauten. Wie klar das Glas doch ist, überlegte sie im Stillen. Man brauchte die Fenster gar nicht mehr zu öffnen, um etwas zu sehen. Natürlich waren auch Edwards Schlösser in England bereits mit Glasscheiben ausgestattet. Trotzdem bot der Prinsenhof auch in jeglicher anderer Hinsicht eine solche Fülle an modernem Luxus, dass damit höchstens noch Westminster mithalten konnte. Sie war schon ganz gespannt, was sie wohl noch alles in ihren anderen Residenzen erwarten mochte, allen voran Brüssel, das als Nächstes auf ihrer und Marys Reiseroute lag.

Allerdings würde sie darauf verzichten müssen, ihre Erlebnisse mit Charles zu teilen. Sie beide würden nämlich nur sehr selten im gleichen Schloss weilen, wie Ravenstein ihr bereits erklärt hatte. Denn trotz der Vielzahl der Residenzen waren nur drei oder vier tatsächlich groß genug, um gleichzeitig Margarets und Charles’ Haushalte aufzunehmen, was Margaret im Übrigen nicht sonderlich verwunderte.

Insgesamt würde die Reise vier Tage dauern, hatten sie doch nicht weniger als fünfzig Meilen zurückzulegen. Zum Glück aber gab es zahlreiche Burgen und Schlösser, die ihren Weg säumten, sodass auf jeden Fall für eine bequeme Unterbringung während der Nacht gesorgt war.

In der Nacht vor der Abreise war ein gewaltiges Unwetter mit Donner, Blitz und Regen über das Land gefegt. Leider aber war die Atmosphäre noch immer ziemlich stickig, und es versprach, ein schwülwarmer Tag zu werden. Nur allzu rasch zog die grelle Sonne hinter dem Horizont herauf und ließ die Nässe von den Schindeldächern verdunsten - über sämtlichen der zumeist recht hohen Stufengiebelhäuser von Brügge schienen kleine Dampf schwaden zu schweben. Von ihrem Schlafzimmerfenster aus konnte Margaret auch gut beobachten, wie gerade ihr chevalier auf ihre Kutsche zumarschierte, um zu kontrollieren, ob auch wirklich alles verladen worden war.

Margarets persönlichen Ritter der Ehrengarde, Guillaume de la Baume, beschrieb man wohl am besten als »blonden Riesen«. Er hatte ein chronisch gerötetes, ansonsten aber recht ansprechendes Gesicht und strahlend blaue Augen, was so manche Frau dazu veranlasste, sich nach ihm umzudrehen, wie Margaret bereits aufgefallen war. Er war ihr offizieller Begleiter, also quasi eine Art Ersatz für Charles, wenn öffentliche Anlässe einen Mann an ihrer Seite erforderten und Charles nicht zugegen war. Zugleich aber erfüllte Guillaume auch die Rolle des Leibwächters, und Margaret hatte nicht den leisesten Zweifel, dass er jeden, der dumm genug wäre, sich ihr zu nähern, sofort in die Flucht schlagen würde. Nur leider entsprach seine Intelligenz nicht so ganz seiner überragenden Physis, sodass Margaret Schwierigkeiten hatte, einmal ein vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen.

»Wie anders da doch Anthony war«, murmelte sie, während allein der Gedanke an ihren Liebsten ihr bereits wieder einen schmerzhaften Stich durchs Herz jagte. Seufzend wandte sie sich vom Fenster ab.



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