Die Vintage-Prinzessin by Nicole Richie

Die Vintage-Prinzessin by Nicole Richie

Autor:Nicole Richie [Richie, Nicole]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-01-26T16:00:00+00:00


Kapitel 20

Scarsfords Hotelzimmer war genauso nichtssagend wie der Vernehmungsraum auf dem Polizeirevier, auch wenn der Teppich in einem etwas anderen Grünton gehalten war. Zwei große Betten standen dem nicht wegzudenkenden Plasmabildschirm gegenüber, auf dem Schreibtisch stapelte sich neben zwei Laptops der Papierkram. Scarsford räumte die Unterlagen beiseite und war gerade dabei, einen der Laptops anzuschließen, als ein Polizist an die Tür klopfte und Charlottes Gepäck brachte.

»Möchten Sie vielleicht?« Scarsford hatte den Koffer aufs Bett gelegt und wollte eben den Deckel zurückklappen, als er sich offensichtlich seiner Manieren besann und ihr den Vortritt ließ.

Charlotte zuckte bloß die Achseln. »Müssten Sie nicht eigentlich einen Durchsuchungsbefehl haben oder so was in der Art?«

»Brauche ich denn einen? Ich dachte, Sie wollten mir freiwillig alles zeigen.«

»Ich will Ihnen gar nichts zeigen. Aber mir bleibt wohl keine andere Wahl.«

»Aber ja doch. Sie brauchen mir nichts zu geben, das Sie mir nicht geben wollen, Charlotte.«

Sie schaute ihn einen Augenblick zu lange an. Was sie ihm in diesem Augenblick liebend gerne gegeben hätte, war ein kurzer, aber schmerzhafter Tritt in die Eier, aber das wäre vermutlich nicht besonders ratsam gewesen. Sie hatte geglaubt, er mochte sie. Hatte geglaubt, er vertraute ihr. Angesäuert ließ sie die Schlösser aufschnappen und klappte den Deckel nach hinten.

Als sie den USB-Stick anschloss, passierte erst mal gar nichts. Dann klickte sie auf den Menüpunkt namens »Index«, und sie und Scarsford hielten die Luft an. Sie waren sich nicht sicher, was sie zu sehen gehofft hatten, aber was dann kam, hatte sicher keiner von beiden erwartet.

»Wer ist das denn?«, fragte Scarsford nach kurzem Schweigen.

Charlotte war ganz still. Sie schluckte schwer, als Musik die Luft erfüllte. »Das ist meine Mutter. Mit mir.«

Auf dem USB-Stick waren selbstgedrehte Videos. Dem Index nach zu urteilen mussten es viele, viele Stunden sein. Jackie schwanger und lachend im Central Park. Jackie mit einem Baby im Arm, wie sie schläfrig im Bett lag, nur von einem kleinen Nachttischlämpchen angestrahlt, so wunderschön, wie eine Frau nur sein konnte.

Und dann die Tonspur.

Zuerst die Stimme ihres Vaters. »Wen haben wir denn hier, Jack?«

Ihre Mutter lachte. »Das ist Charlotte Louis Williams, drei Tage alt.« Verzückt schaute sie das Baby an, das sie angluckste. »Die Nase hat sie von dir, Liebling.«

Ein Lachen aus dem Off. »Dagegen können wir später was tun. Solange sie dein liebenswertes Naturell geerbt hat, kann gar nichts schiefgehen.«

»Ich glaube, sie ist ein echter Sonnenschein, obwohl ich natürlich keinen Vergleich habe. Noch nicht.«

»Wird sie schon müde?«

Jackie schaute nach unten, und ihre Mundwinkel kräuselten sich zu einem Lächeln. »Ja, wird sie, der kleine Strudel.«

»Sing ihr was vor, Schatz.«

Jackie schaute Charlottes Dad an, der unsichtbar hinter der Kamera stand, und fing an, ein Schlaflied zu singen. Es war ebenso an ihn gerichtet wie an das kleine Kind in ihrem Arm, und die Melodie und der Text waren sehr intim und vertraut.

»My love, my sweet, my dove …« Charlotte schnappte nach Luft. Ihre Mutter hatte eine wunderschöne Stimme. Tief, warm, kräftig, genau wie ihre eigene. »You fly in my heart, a bird from above …«

Und urplötzlich erinnerte Charlotte sich wieder an das Lied, Text und Melodie flogen ihr blitzartig zu.



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