Die verliebten Riesen by Nöstlinger Christine

Die verliebten Riesen by Nöstlinger Christine

Autor:Nöstlinger, Christine [Nöstlinger, Christine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


An derselben Stelle, wo sie schon einmal geschlafen hatten, schlugen sie wieder ihr Lager auf.

„Gute Nacht, Satlasch” sagte Pelinka.

„Gute Nacht, Pelinka”, sagte Satlasch.

Aber es wurde keine gute Nacht. Alle paar Minuten wurden sie munter. Pelinka fühlte sich hundeelend. Er hatte Kopfweh. Es war ihm, als ob hunderte Hämmerchen auf seiner Stirn herumklopften.

Satlasch fühlte sich auch hundeelend. Ihm war, als ob hundert Nadeln in seinem Bauch steckten. Außerdem taten ihm auch die Zehen weh. Sie schmerzten, als ob hundert kleine Zähnchen in seine Zehen bissen.

„Wir kriegen sicher eine schwere Krankheit”, sagte Pelinka zu Satlasch. „Eine ansteckende Krankheit, sonst hätten wir ja nicht die gleichen Beschwerden!”

Satlasch stöhnte.

„Vielleicht Masern”, sagte Pelinka. Und er meinte ganz sicher, daß er höchstwahrscheinlich schon am ganzen Leib rote Tupfen habe und daß er die roten Tupfen bloß nicht sehen könne, weil es so finster war und der Mond von Wolken verdeckt.

„Masern hab ich schon gehabt”, stöhnte Satlasch, „und zweimal kriegt man die nicht! Es muß was anderes sein!” Und gerade, als Satlasch das sagte, verspürte er einen furchtbaren Stich genau auf der Nasenspitze. „Auweh”, brüllte er und griff sich an die Nase. Und da spürte er nicht nur seine Nase, da spürte er noch etwas. Etwas Weiches, Warmes, sehr Dünnes. Das Weiche, Warme und sehr Dünne war nur einen kurzen Augenblick zwischen seinen Fingern, dann war es verschwunden, doch Satlasch wußte jetzt ganz genau, was da an ihm herumstach und kniff und kratzte. Die Zwerge! Genauso weich und warm und dünn hatten sich die Zwergenbeine und die Zwergenarme angefühlt, als er die Zwerge in den Benzintank gestopft hatte.

„Ich glaube”, sagte Satlasch, „man kann doch zweimal Masern bekommen! Ganz sicher sogar! Der alte Prokop hat das seinerzeit oft gesagt!” Er wollte nämlich nicht, daß Pelinka auch dahinterkam, wer da an ihnen herumstocherte.

„Na, dann schlafen wir halt, obwohl es kratzt und sticht”, sagte Pelinka und gähnte. „Morgen früh werden wir schon merken, ob wir rot getupft sind!” Pelinka gähnte wieder. Er war schon ungeheuer müde.

Satlasch gähnte auch. Er war noch müder als Pelinka. Doch er konnte und konnte trotzdem nicht einschlafen. Als Pelinka schon längst neben ihm laut schnarchte, lag er noch immer wach. Ihn stachen die Zwerge ja auch viel stärker. Ein paarmal versuchte Satlasch, einen Zwerg zu fangen. Nie gelang es ihm. Einmal noch bekam er einen zwischen die Finger, aber auch der rutschte ihm weg.

Satlasch fluchte leise vor sich hin. Was sollte er bloß tun? Ihm war, als ob hunderttausend Stechmücken um ihn schwirrten. Ihm war, als ob hunderttausend Ameisen auf ihm krabbelten. Ihm war, als ob hunderttausend Würmer in ihm bohrten. Es war ganz fürchterlich!

„Amanda, was muß ich doch für dich leiden! Amanda, die Sehnsucht bringt Qualen”, stöhnte er. Und wie er so an Amanda dachte, wurde ihm plötzlich leichter. Da spürte er die Stiche und Zwacke und Bisse nicht mehr so sehr. Satlasch stellte sich vor, wie er mit dem Moped bei Amanda ankam und wie Amanda „Endlich, geliebter Satlasch” flüsterte und wie sie ihn in die Arme nahm und küßte und ihm gestand, daß sie seit Jahrzehnten seiner — und nur seiner — geharrt hatte.



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