Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte by Romain Puértolas

Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte by Romain Puértolas

Autor:Romain Puértolas [Puértolas, Romain]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783104006703
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2014-03-06T16:00:00+00:00


Erstes Kapitel

Er begriff nicht ganz, warum es verboten war, eine Gabel mit an Bord eines Flugzeugs zu nehmen, wo man doch jemanden auch mit einem Kugelschreiber umbringen konnte. Er begriff nicht, warum man keine Messer dabei haben durfte, wo doch die Passagiere in der Businessclass welche bekamen, und auch noch aus Metall, damit sie ihr Bordmenü mit Anstand verzehren konnten. Kurz und gut, er begriff all diese Sicherheitsmaßnahmen nicht, wo es doch so leicht war, jemanden mit bloßen Händen umzubringen. Müsste man einem vorm Boarding nicht logischerweise erst diese gefährlichen Glieder amputieren? Oder uns im Frachtraum reisen lassen, fern des derart umkämpften Cockpits?

(Wie den Hund, der gerade dieser Geschichte lauscht und dessen funkelnde Augen mein einziger Anhaltspunkt im Dunkeln sind? Gott fährt Taxi beginnt mit den Gedanken eines alten blinden Kamikaze-Terroristen, eines Afghanen namens Walid Nadjib, wenige Minuten, bevor er ein Flugzeug nach Großbritannien besteigt. Warum blind? Vielleicht, weil ich hier auch gerade nichts sehen kann. Die Szene spielt im Flughafen von Colombo, den der Mann gewählt hat, um keinen Verdacht zu wecken. Gut, weiter.)

Walid wurde immer nervöser. Er hatte sich in der Toilette eingeschlossen und schob den Moment, wo er durch die Sicherheitskontrolle musste, immer weiter hinaus. In seinem Blindenstock hatte er genug Sprengstoff versteckt, um das Flugzeug während des Fluges in die Luft zu jagen.

Er hatte seinen Plan sorgfältig ausgearbeitet, und doch suchte eine unüberwindliche Angst ihn heim. Nicht die vorm Tod, er war von seiner Sache ganz und gar überzeugt und bereit, für sie zu sterben. Er fürchtete aber, von den Behörden ertappt und festgenommen zu werden, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte. (Syndrom des langsamer werdenden und anhaltenden LKW?)

Aber er hatte an alles gedacht. Seit einem halben Jahr feilte er an den Details seiner letzten Reise. Er hatte sich einen erstklassigen falschen sri-lankischen Pass besorgt und ein echtes falsches Visum für einen Kurzaufenthalt geschäftehalber in Großbritannien. Er trug einen grauen Maßanzug und hatte einen kleinen Aktenkoffer mit Dokumenten über sein angebliches Unternehmen dabei, das auf Automobillacke spezialisiert war und das er bei Vauxhall, der englischen Version von Opel, präsentieren wollte. Außerdem hatte er Muster der jüngsten Lacke dabei, die seine Firma auf den Markt brachte, darunter Pumarot und Schildkrötblau. Eine Myriade von Farbnuancen. Und das für einen Blinden! Doch sein Szenario war durchdacht, er beherrschte es bis in die Fingerspitzen, wie Blindenschrift, falls man ihm irgendwelche Fragen stellen würde. Er hatte alles getan, was in seiner Macht stand. Der Rest lag in Allahs Hand.

Er verließ die Toilette. Ohne die Sonnenbrille abzunehmen, schöpfte er sich am Waschbecken etwas kaltes Wasser ins Gesicht. Wenn er nicht blind gewesen wäre, hatte er im Spiegel einen eleganten alten, glattrasierten Mann gesehen, an dem nichts darauf hindeutete, dass er bald nach dem Start ein Flugzeug über dem Arabischen Meer explodieren lassen würde.

Walid Nadjib tastete sich an der Wand entlang und zog aus der dort angebrachten Metallbox ein paar Papierhandtücher, mit denen er sich die Hände abtrocknete. Dann begab er sich mit entschiedenen Schritten Richtung Sicherheitskontrolle. Er kannte den Weg auswendig.



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