Die Unbeirrbare by Barbara Kopp

Die Unbeirrbare by Barbara Kopp

Autor:Barbara Kopp
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783857919855
Herausgeber: Limmat Verlag
veröffentlicht: 2014-04-12T16:00:00+00:00


Eine Freundschaft mit Vorbehalten

Die Vordenkerin freundet sich mit dem Konzilsmitarbeiter der amerikanischen Bischöfe an, der in jungen Jahren ein Radiostar war. Die beiden streiten unversöhnlich und mögen sich trotzdem leiden.

Wieder liest Gertrud Heinzelmann einen erstaunlichen Satz am Ende eines dreiseitigen Briefes von Placidus Jordan. Dem Inhalt seines Briefes mag sie zwar nicht zustimmen, aber zuletzt lobt er sie: «Kein Mann könnte diese Themen mit eindringlicherer Verstandesschärfe bearbeitet haben.»1

Bald gehen wöchentlich Briefe zwischen Zürich und dem Muotathal hin und her, einer, wenn nicht zwei, und da ist ein Umtänzeln und Umwerben:

SIE: Lieber Pater Placidus, seien Sie mir doch bitte nicht böse! Ich rechne Sie zu meinen besten Freunden …

ER: Warum in aller Welt sollte ich Ihnen ‹böse› sein? Keine Spur! Aber sind Sie mir ‹böse›? Das letzte Mal bekam ich herzliche, diesmal nur ‹beste› Grüsse!!

SIE: Ich bin ganz glücklich, von Ihnen einen Brief zu erhalten. (…) Also dieses Mal herzliche Grüsse.

Dann schickt sie ihm einen Ikonenkalender.

ER: Sie dürfen mich aber nicht so sehr verwöhnen, gelt? Das darf man bei den Männern nicht, wissen Sie, sonst werden sie übermütig!! (…) Mit sehr herzlichen Grüssen, Ihr aufrichtig ergebener P. Placidus O.S.B. [Ordo Sancti Benedicti]2

Nach einem halben Jahr entschließt sich Gertrud Heinzelmann, bei ihm ein paar Tage im Ferienhaus Sankt Karl zu verbringen, wo sich Geistliche und Laien kostengünstig erholen und sich zu Exerzitien und religiöser Erbauung zurückziehen. Mit dem Auto fährt sie in die Zentralschweiz nach Schwyz, von dort der Muota entlang, die dem Tal den Namen gab, nimmt die Abzweigung nach Illgau und folgt den engen Kurven hinauf bis zum Bergdorf und weiter bis zum Ferienhaus. Am Waldrand, oberhalb einer Weide, stehen zwei bescheidene Schindelhäuser, an deren Seiten ohne architektonischen Ehrgeiz alle paar Jahre weitere Häuschen angehängt wurden. Fünf Franziskaner Missionsschwestern führen das Heim, kochen Diät, schmücken den Speisesaal, waschen, putzen, spielen Orgel und verkaufen den Gästen für die Mission in Kolumbien selbst gemachte Holzarbeiten. Placidus Jordan hält die Frühmesse und die Abendandacht, spricht im Speisesaal vor der Suppe ein Dankgebet, und kein Gast darf nach dem Essen den Tisch verlassen, bevor nicht der Hausgeistliche das zweite Gebet gesprochen hat. Er sitzt vorne rechts, am sogenannten «Prominententisch», wo die Gebildeten unter den Besuchern mit ihm tafeln und morgens das Frühstück reichhaltiger ist als an den anderen Tischen. Der Stiftungsrat des Erholungsheims wird über ihn sagen: «Gewiss, ihm, dem Theologen und Philosophen, dem Gelehrten waren geistig ebenbürtige Gäste, oder wenigstens geistig hochstehende, regsame und aufgeschlossene Menschen besonders lieb und willkommen, so dass sich vielleicht etwas einfachere Seelen, die geistig anspruchslos waren, von ihm etwas vernachlässigt vorkamen.»3 Manchmal erhält er Besuch aus Übersee, zu besonderen Anlässen erscheint der Churer Bischof Johannes Vonderach und in den Skiwochen lärmt die kirchliche Jugend. Mitte der Sechzigerjahre wird der Pater nach solchen Winterwochen im Gästebuch statt der üblichen Dankesworte an die Ehrenwerten Schwestern und den Hochwürdigen Herrn Pfarrer ungelenke Zeichnungen von Zigaretten rauchenden Männerköpfen finden, die mit «Der Beatle» und «Meine Lieblingsband» beschriftet sind.

Die Ordensschwestern vermeiden Autofahrten mit ihrem Beichtvater, denn sitze er am Steuer, nehme er wie



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