Die Summe unseres Glücks by Roux François

Die Summe unseres Glücks by Roux François

Autor:Roux, François [Roux, François]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Piper Verlag
veröffentlicht: 2015-10-12T16:00:00+00:00


Zwischen zwei schizophrenen Besprechungen – eine mit der Personaldirektion, die darauf drängte, dass er die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter weiter reduzierte, und eine mit der Finanzdirektion, die sich beschwerte, dass die Kosten für das Outsourcing exponentiell anstiegen, – googelte Tanguy am Nachmittag Benoît Messager. Die Suchmaschine spuckte an die 2 730 000 Einträge aus. Benoît war berühmt, daran bestand kein Zweifel. Tanguy erfuhr, dass er zweimal verheiratet gewesen war, aber keine Kinder hatte, und dass er heute mit einer gewissen Juliette Wolfenberg zusammenlebte, die zugleich seine Agentin war. Wikipedia beschrieb ihn als »kühnen, kompromisslosen Erforscher der menschlichen Seele, sowohl in seinen Starporträts als auch in seinen persönlichen Werken, in denen das Thema soziale Ungerechtigkeit allgegenwärtig ist«. Die Bildersuche lieferte Tanguy eine beeindruckende Menge von Fotografien – unter anderem Porträts, die die Agentur ihm präsentiert hatte –, nicht aber ein einziges Bild, das den Künstler zeigte. Er versuchte, sich selbst vor Augen zu rufen, wie sein Freund aussah, und als blätterte er wider Willen in einem Album, das er auf einem verstaubten Dachboden gefunden hatte – obwohl er eigentlich aus Prinzip keinen Fuß in solche Räuberhöhlen setzte –, erinnerte er sich an bestimmte mehr oder weniger angenehme Ereignisse, an bestimmte mehr oder weniger freundschaftliche Gesichter dazu. Vorhin hatte ihm die Erwähnung von Benoît eine warme, gemütliche Erinnerung an seine Jugend beschert, aber jetzt schien es ihm unangenehm, geradezu bedrohlich, an die Vergangenheit anzuknüpfen. Kaum hatte er diese Bilder wachgerufen, legte sich ein störender Sehnsuchtsschleier über seine Gedanken, die er immer frei und unberührt halten wollte, hell ausgeleuchtet und grundsätzlich auf die Zukunft gerichtet. Eigentlich hatte er gedacht, seine Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben, und damit auch seine ständige Rastlosigkeit, dieses greifbare Nichts, diesen Drang, sich bis zur Erschöpfung selbst zu übertreffen. Heute stellte er sich seinem Schicksal als freier Mensch: Und da spürte er mit einem Mal, wie präsent – wenn auch recht konturlos – dieser verdrängte Teil seines früheren Lebens immer noch war. Er hatte das unangenehme Gefühl, sein Bewusstsein hätte ihm einen fiesen Streich gespielt. Das bedrückte ihn. Erst die folgende Besprechung mit dem Finanzdirektor befreite ihn für den Rest des Tages von diesen giftigen Gedanken.



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