Die russische Konkubine by Furnivall Kate
Autor:Furnivall, Kate [Furnivall, Kate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Hist. Liebesroman
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2006-03-09T23:00:00+00:00
NEUNUNDZWANZIG
September. Und immer noch heiÃ. Sehr heiÃ.
Ein Messingventilator kreiste unter der Decke, nahm aber nur kleine Bissen von der bleiernen Luft und kaute ein wenig darauf herum. Lydia war gereizt. Sie hatte es satt, mit ausgestreckten Armen dazustehen, während Madame Camellia überall Nadeln in sie reinsteckte. Sie hatte auch das zufriedene Lächeln ihrer Mutter satt, die es sich auf einem Stuhl bequem gemacht hatte und sie von dort aus beobachtete. Am meisten aber hatte sie es satt, dass Chang sich so lange nicht mehr gemeldet hatte. Sie hätte vor Wut platzen können.
Kein Wort mehr, seit einem Monat.
Er hatte ihre Warnung beachtet, hatte Tschangschu verlassen. Nur so war sein Schweigen zu erklären. Das musste der Grund sein. Wahrscheinlich war er in einem Trainingslager der Roten Armee untergetaucht, übte sich im SchieÃen und Marschieren, polierte Stiefel und Gürtelschnallen und turnte an langen Tauen herum. So etwas taten Soldaten doch? Also war er in Sicherheit. Bestimmt war er in Sicherheit.
Bitte, er soll in Sicherheit sein.
»Darlink, zappel nicht so. Wie soll Madame Camellia vernünftig arbeiten können, wenn du nicht stillhältst?«
Lydia sah ihre Mutter missmutig an. Valentina trug ein auÃerordentlich elegantes cremefarbenes Kostüm aus der Werkstatt von Madame Camellia, der begehrtesten Schneiderin von Tschangschu. Ihr Salon kopierte die neuesten Pariser Moden und hatte eine lange Warteliste, und es war eine Ehre, sich vordrängen zu dürfen, eine Ehre, die nur Alfred und seinen Beziehungen zu verdanken war. Valentina hatte es sich in den Kopf gesetzt, bei ihrer Hochzeit nur das Allerbeste gelten zu lassen.
»Sieht sie nicht anbetungswürdig darin aus, Madame Camellia?«
Die chinesische Saloninhaberin sah Lydia ins Gesicht und betrachtete es schweigend. Lydia stand auf einem gepolsterten runden Podest in der Mitte des Raums, und die Schneiderin strich und zupfte die weiche grüne Seide zurecht, so zartgrün wie die Kehle ihres Singvogels. Der Vogel saà in seinem Käfig in einer Ecke des Zimmers und zwitscherte und sang, was Lydia sehr auf die Nerven ging.
»Sie sieht reizend aus«, sagte Madame Camellia lächelnd. »Das Kleid in der Farbe Eau-de-Nil passt perfekt zu ihrem Haar.«
»Siehst du, Lydia, ich habe dir ja gesagt, dass es dir gefallen wird.«
Lydia starrte schweigend die Jadenadeln im Haar der Schneiderin an.
»Mrs. Iwanowa, heute früh sind einige Stoffmuster der neuen Tweeds aus Tientsin eingetroffen. Schon für den Winter. Vielleicht möchten Sie eines davon für das Kostüm für Ihre Hochzeitsreise nehmen. Wollen Sie sich die einmal ansehen?« Das hörte sich an, als gewährte sie ein ganz besonderes Privileg.
»Ja, mit Vergnügen.«
Madame Camellia nickte ihrer jungen Gehilfin zu, und die begleitete Valentina hinaus. Das Zimmer war einschläfernd mattrosa tapeziert, und nur eine Vase mit Orchideen und der goldene Vogelkäfig brachten ein paar Farbtupfer hinein.
»Miss Lydia«, sagte sie leise. »Möchten Sie mir sagen, was Ihnen an dem Kleid nicht gefällt?«
Lydia schaute von ihrem Podest auf das seidenglatte, zu einem Knoten geschlungene Haar der Schneiderin hinunter. Eine zierliche Kamelie aus feinster weiÃer Seide steckte in den ebenholzschwarzen Locken. Sie sah aus wie ein kleiner Vogel mit schwarzem Schopf, munter und aufgeweckt, ihre winzige Gestalt steckte in einem eng anliegenden, türkisfarbenen Cheongsam mit einem Schlitz an der Seite, der ein schlankes Bein sehen lieÃ.
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