Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman by Inez Corbi

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman by Inez Corbi

Autor:Inez Corbi
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbj Kinder- Jugendbuecher
veröffentlicht: 2012-02-16T05:00:00+00:00


Kapitel 16

››Tut mir leid, aber ich verstehe gar nichts.« Lina starrte auf den Zettel in ihrer Hand, den die Flamme der Petroleumlampe beleuchtete. Sophies Köpfchen lag entspannt an ihrer Schulter.

»Wir haben das waka genommen und suchen …«, stand da in Julius’ kindlicher Schrift. Etwas war dick durchgestrichen, dann ging es weiter. »… was. Wenn wir es gefunden haben, kommen wir zurück. Dann haben wir keine Schulden mehr.«

Lina schüttelte verwirrt den Kopf. Ihr war ein großer Stein vom Herzen gefallen, denn offensichtlich war den Kindern nichts passiert. Die beiden waren bloß ausgerissen. Aber jetzt standen Alexander und sie vor ganz neuen Problemen.

»Was haben sie vor? Und was ist ein waka?«

»So nennen die Maori ihre Kanus«, erklärte Alexander. »Wir haben eines am Maitai-Fluss. Das heißt … ich fürchte, wir hatten.« Er schüttelte ärgerlich den Kopf. »Dieser kleine Bengel! Ich versohle ihm den Hintern, wenn ich ihn erwische!«

»Du weißt, wo sie sind?« Lina machte Anstalten, aus dem Schuppen zu laufen. »Dann schnell, wir müssen ihnen nach!«

Alexander war stehen geblieben. »Wir müssen überhaupt nichts. Ich werde ihnen folgen, sobald es wieder hell ist. Du bleibst hier und passt auf Sophie auf.«

»Nein.« Zum ersten Mal wagte sie es, ihm offen zu widersprechen. Aber diese Situation war zu kompliziert, um Alexander damit allein zu lassen. Und sie, Lina, war jetzt genauso für die Kinder verantwortlich. »Wir werden beide nach ihnen suchen. Sophie kann bei den Tucketts bleiben. Es geht schließlich um meine Schwester!«

»Und um meinen Bruder.«

»Nicht so laut!«, ermahnte ihn Lina. »Sophie wacht auf!«

Alexander schüttelte den Kopf, aber er sprach wieder leiser. »Du würdest mich nur behindern. Alleine komme ich schneller voran.«

»Das glaube ich nicht«, wandte Lina ein. »Du kannst nicht ständig unterwegs sein. Du musst auch mal ausruhen. Und essen. Und vier Augen sehen mehr als zwei.« Sie konnte nicht einfach hier herumsitzen und darauf warten und hoffen, dass Alexander mit den Kindern zurückkam. Das würde sie einfach nicht ertragen.

Er antwortete nicht, starrte nur auf das Buch in seinen Händen. Himmel, ließ er sich denn durch gar nichts überzeugen?

»Ich werde dich nicht stören«, versuchte Lina es erneut. »Du wirst mich überhaupt nicht bemerken. Ich … ich werde so unauffällig wie ein Mäuschen sein.«

»Wie ein Mäuschen?« Jetzt musste er doch lächeln. Wie lange hatte sie das nicht mehr bei ihm gesehen?

Sie nickte mit Nachdruck.

Alexander zögerte, schien zu überlegen. »Vielleicht hast du recht«, sagte er dann und Lina hätte vor Erleichterung fast laut aufgeseufzt. »Wir müssen flussaufwärts fahren, das ist zu zweit sicher besser. Kannst du rudern? Oder staken?«

»Ich bin am Wasser aufgewachsen«, erwiderte sie. Das entsprach ja auch der Wahrheit. Hoffentlich fragte er nicht weiter. Am Wasser aufgewachsen zu sein, bedeutete in ihrem Fall nämlich gar nichts, denn sie konnte weder schwimmen noch hatte sie je ein Boot bewegt.

»Gut, dann machen wir es so.« Er legte das Buch zurück auf den Stapel und wartete, bis Lina an der Tür war, dann drehte er die Petroleumlampe herunter, blies die Flamme aus und kam ihr nach.

Draußen, im Freien, sah Lina für einen Moment fast nichts, dann gewöhnten sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit.



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