Die Liebenden von Sotschi by Heinz G. Konsalik

Die Liebenden von Sotschi by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-29T04:00:00+00:00


Orlowskij kam nach dem Mittagessen in einem Münchener Bräukeller beschwingt ins Hotel zurück. Die Ursache seiner Fröhlichkeit war allerdings weder die Leberknödelsuppe noch die glacierte Schweinshaxe, sondern Mai-theng, eine zierliche Thailänderin, die unter ›Erleben Sie asiatische Zärtlichkeit‹ in den Zeitungen annoncierte. Der Mittag bei Marion am Tag zuvor (zweimal klingeln) war eine Enttäuschung gewesen. Marion machte es ganz cool, kassierte im voraus und sagte zwischendurch, mit einem Blick auf den Wecker neben dem Bett: »Nun mach schon, Süßer!«

Mai-theng, die zärtliche exotische Blume, entschädigte ihn für alle Unbill. Sie gab ihm das Gefühl, der Größte zu sein, der Stärkste, der Faszinierendste. Hinterher küßte sie seinen Nabel und bedankte sich demütig für diese Stunde. Dieses asiatische Erlebnis beschwingte Orlowskijs Seele.

Um so ernüchternder war die Rückkehr in den Alltag, als ihm an der Rezeption des Hotels das kleine Päckchen ausgehändigt wurde.

»Ein Bote des Wasserbauamtes hat es gebracht«, sagte der Portier.

Orlowskij fuhr sofort auf sein Zimmer, riß die Verpackung auf und sah die winzige Filmkassette. Dann las er Bubrows Abschiedszettel und spürte, wie ihm plötzlich der Schweiß ausbrach. Er holte sich aus der Minibar die beiden kleinen Flaschen Wodka, schraubte sie auf, verzichtete aufs Glas und trank sie gleich leer.

»Wie kann man nur ein solcher Idiot sein?« sagte er laut. »Wo willst du denn hin, Borja?!«

An die Möglichkeit, daß Bubrow zu den Amerikanern überlaufen könnte, dachte Orlowskij nicht. Für ihn war dieser Gedanke unrealistisch. Ein Bubrow liefert sich nicht dem Feind aus. Er wird höchstens ein Einzelgänger, und das würde er nicht lange bleiben! An diesem frühen Nachmittag zeigte es sich, wie reibungslos und gut eingespielt die sowjetische Spionage funktionierte. Schlag folgte auf Schlag.

Orlowskij rief seinen ›Buchhalter‹ in Brüssel an.

Brüssel verständigte Moskau.

Ussatjuk sprach sofort mit General Butajew von der GRU. Butajew unterrichtete das Innen- und das Außenministerium.

General Nasarow vom sowjetischen Generalstab fuhr sogleich zu Ussatjuk.

Das Außenministerium alarmierte die Sowjetische Botschaft in Bonn.

Die Sowjetische Botschaft in Bonn wurde mit einer Blitz-Démarche bei der Bundesregierung vorstellig.

Mit größtem Nachdruck wurde die Auslieferung des sowjetischen Bürgers Boris Alexandrowitsch Bubrow, jetzt wohnhaft in Steinebach am Wörthsee bei der Ärztin Dr. Irene Walther, verlangt. Nachforschungen hätten ergeben, daß Bubrow verantwortlich für zwei Morde in Samtschetskoj, einem Ort im südlichen Sibirien, sei. Raubmorde. Man würde es als einen unfreundlichen Akt gegenüber der Sowjetunion betrachten, wenn …

Die Démarche wurde gegen 19 Uhr von einem Boten abgegeben. Ohne im einzelnen darauf einzugehen, denn der Vorwurf mußte ja zunächst überprüft werden, ging ein Hinweis an den Polizeipräsidenten von München. Das war um 20 Uhr 20.

Mordverdacht … Das war das 1. Kommissariat! Aber dort war der Fall Bubrow noch gut in Erinnerung: Kidnapping eines Flugzeuges aus Liebe. Dann politisches Asyl. Politische Fälle aber sind Sache des Dezernats 14.

Um 21 Uhr hatte der wachhabende Kommissar das heiße Eisen auf dem Tisch. Er rief seinen Dezernatsleiter an; dieser versuchte sofort, den Polizeipräsidenten zu bekommen. Der PP aber war zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Man holte ihn aus der fröhlichen Gesellschaft heraus zum Funktelefon seines Begleitfahrzeuges.

Gegen 22 Uhr 19 bremste vor der Wohnung von Dr. Irene Walther der Funkwagen der Polizei von Steinebach.



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