Die Liebe am Nachmittag by Szep Erno
Autor:Szep, Erno [Szep, Erno]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-13T16:00:00+00:00
Selbstlos wie ein Heiliger ist er, erwartet nichts als ein wenig Lob für sein Tun. Natürlich wollte er mich umgehend mit der Ãlkur beglücken. Ich war unentschlossen, konnte mich noch nicht entscheiden.
»Die paar grauen Fäden hat bisher keiner bemerkt, und es wird auch niemand wissen, dass wir sie gefärbt haben, da machen Sie sich keine Gedanken, gnädiger Herr.«
Aber ich werde es wissen, und es genügt mir, wenn ich es weiÃ. Im Spiegel konfrontiere ich mich dann mit mir selbst. So weit ist es also schon gekommen,wir sind beim Haarfärben angelangt.
Nein, nein, ich muss das nicht haben; es ist so widerlich, so traurig.
Ãbrigens höre ich zum ersten Mal, dass sich auch Herren gegen das einsetzende Grau zur Wehr setzen.
Wohl weià ich, dass sich manche Herren ihr Bärtchen schwärzen lassen, wenn es sich zu verfärben beginnt. Aber nicht nur die Herrschaften machen das, auch der Bäckermeister und der Krämer. Und wie man schon aus zwanzig Schritt Entfernung erkennen kann, dass das Bärtchen gefärbt ist! Erstaunlich ist es schon, dass man nicht einmal dieses einfache dumme Dunkelfärben hinkriegt. Das gefärbte Bärtchen ist zwar schwarz, doch bekommt es irgendeinen rötlichen Schimmer und wird dazu hart und leblos. Sieht aus, als hätte man den Herren dieses Zeichen ihrer Manneswürde unter die Nase geklebt. Dann gibt es auch Männer, die sich dadurch gegen das Ergrauen wehren, dass sie es sich einfach wegrasieren lassen. So begegnen uns eines Tages Fünfzigjährige mit nackter Oberlippe, die wie Kinder aussehen. Manch einer präferiert auch eine Halb-Halb-Lösung, lässt sich den ergrauten Bart nicht wegrasieren, sondern nur ganz kurz stutzen; andere tragen ihn gnadenlos schmal getrimmt, sodass die Silberstacheln über ihrem Mund gerade noch als ein schmaler Strich schimmern. Selbst schwarzbärtige Herren haben diese Gewohnheit angenommen, sodass von ihrem Bärtchen nicht mehr übrig bleibt als ein Augenbrauenstrich, wie ihn die Dame von heute statt Augenbrauen trägt. Man will damit jünger aussehen, schneidiger, eleganter.
Manchen Damen ist ebenfalls anzusehen, dass sie sich den über ihren Lippen aufkeimenden Flaum rasieren; wenn sie aber auf diese Prozedur verzichten würden, ach was gäbe das für ein keckes Husarenbärtchen. Ihr Glück, dass sie im Allgemeinen mit Bärten nicht so viel im Sinne haben,sonst müssten sie sich diese ja auch wie ihre Haare kräuseln, nach der Mode schneiden, rot oder gelb färben lassen und auch mit ihrem Bärtchen lügen und täuschen.
Doch ich befasse mich mit den Herren, sie studiere ich gerade.
Es gibt sechzigjährige Herren, denen sind zwar da und dort kleine Haarinseln auf ihrem Kopf erhalten geblieben, doch lassen sie sich den Schädel wie ihre Physiognomie täglich glatt rasieren; manche gewinnen dadurch tatsächlich eine frische, rosarote Farbe wie ein Säugling, und das lässt sie zweifellos jünger erscheinen. Selbst fünfzigjährige Kavaliere schicken sich an, solche Köpfe zu tragen, sobald sie zu ergrauen beginnen, vor allem wenn sie schon fast kahl sind oder ihr Haupt bereits wie ein verlotterter Boxcalflederschuh schimmert; ja es gibt sogar Vierziger, die einen glänzend-glatten Schädel dem Haarschneiden oder dem diskret Nach-hinten- oder Nach-vorn-Kämmen ihrer Resthaare vorziehen. Ein gewisser vornehmer Herr von vierzig Jahren, der so einen
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