Die letzte Hexe by Gardein Uwe
Autor:Gardein, Uwe [Gardein, Uwe]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Die Nacht war fast schon vorüber, als sie zu sich kam und bemerkte, dass sie in einer fremden Kammer auf einem Stuhl saÃ.
Emmeram betrat das Zimmer und sah sie an.
»Gott sei mit dir«, sagte er. »Wir haben versucht, etwas für dich zu tun. Was, um Himmels willen, ist geschehen?«
Maria Anna erzählte ihre Geschichte wie in einer Beichte.
»Er verriet mich«, sagte sie, »und nun kann ich nicht weiterleben. Euer Mönchsbruder sagte mir, es sei alles in Ordnung und mein Leben läge in Gottes Hand, doch ich fühle nichts mehr in mir.«
Emmeram lieà sich den jungen Mönch von ihr beschreiben.
»Oh«, antwortete er, »da bist du nun erneut einem Fälscher aufgesessen. Er ist aus dem Kloster verschwunden, und wie ich hörte, hat er sich den Lutheranern angeschlossen. Kein Wunder also, dass er dir diese Antwort gegeben hat.«
Maria Anna sah ihn Hilfe suchend an.
»Es war doch nicht meine Schuld.«
Emmeram versuchte eine Antwort zu finden, was unter diesen Umständen mehr als kompliziert war.
»Nun«, begann er seine Entgegnung zu formulieren, »wir Christen haben in dieser Stadt nicht einmal die Bürgerrechte. Die Lutheraner schlieÃen uns vom öffentlichen Leben aus. Deine Herrschaft müssen wir wohl zu jenen rechnen, die in dieser Stadt Einfluss ausüben. Was geschieht, wenn sie von deinem Sinneswandel erfahren?«
Er hob die Arme zu einer Geste, die ihre Antwort überflüssig machte.
Eine unnötige Frage. Emmeram sah Maria Anna in die Augen.
»Selbst wenn ich davon ausgehe, dass du ehrlichen Herzens bist und du nicht von der lutherischen Zauberei befallen bist, so kann ich dir dennoch nicht einfach den Segen geben. Das liegt nicht in meiner Macht und Befugnis. Nicht einmal unsere Bischöfe oder Kardinäle könnten das tun. Tatsächlich müssen wir in Rom nachfragen, was geschehen soll. Eine ehrlichere Auskunft kann ich dir nicht geben.«
Maria Anna schichtet die Wäsche und stellt die Körbe neben sich auf. Sie beginnt, in dem Raum auf und ab zu gehen, nimmt den Prügel und schlägt um sich. Sie wirft den Hocker um und tritt gegen die Körbe. Dann fällt sie plötzlich zu Boden. Mühsam kriecht sie zum Rand des Bottichs und versucht, wieder aufrecht zu stehen, aber sie schwankt und verliert erneut das Gleichgewicht. Wie in einer Art Trance stolpert sie hinaus, bis sie hinter dem Weinmarkt stehen bleibt. Er, der kalte Betrüger, hängt wie ein Dämon in ihrem Nacken. Sie ist innerlich verletzt, ohne genau zu wissen, wo die Wunde ist. Sie läuft dicht hinter einem Salzwagen her und verlässt die Stadt. Eine ganze Weile trottet sie hinter dem schweren Fahrzeug her, bis sie den Weg sieht, der zu jener Stelle führt, an der sich der Baum ihrer Nacht bei dem Tandler befindet. Sie sucht Trost, den sie noch niemals erhalten hat. Wer, wenn ich stürbe, würde sich grämen, wer um mich trauern? Eine Antwort verlangt sie nicht, denn sie kennt sie: Niemand! Einen geprügelten Hund streichelt man nach den Schlägen wieder. Sie war weniger wert. Sie hält sich ihre Ohren zu, will schreien, und läuft dann nur schweigend weiter, immer weiter, nur fort von hier und weg von der Luft, die auch er atmet.
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