Die Kultur der Renaissance in Italien (German Edition) by Jacob Burckhardt
Autor:Jacob Burckhardt [Burckhardt, Jacob]
Die sprache: de
Format: azw
veröffentlicht: 2011-03-30T16:00:00+00:00
Ein bedeutsamer Wink für die allgemeine Verbreitung des naturgeschichtlichen Interesses liegt auch in dem früh geäusserten Sammlersinn, der vergleichenden Betrachtung der Pflanzen und Tiere. Italien rühmt sich zunächst der frühsten botanischen Gärten, doch mag hier der praktische Zweck überwogen haben und selbst die Priorität streitig sein. Ungleich wichtiger ist es, dass Fürsten und reiche Privatleute bei der Anlage ihrer Lustgärten von selbst auf das Sammeln möglichst vieler verschiedenen Pflanzen und Spezies und Varietäten derselben gerieten. So wird uns im 15. Jahrhundert der prächtige Garten der Mediceischen Villa Careggi beinahe wie ein botanischer Garten geschildert[Fußnote: Alexandri Braccii descriptio horti Laurentii Med., abgedruckt u. a. als Beilage Nr. 58 zu Roscoes Leben des Lorenzo. Auch in den Beilagen zu Fabronis Laurentius.], mit zahllosen einzelnen Gattungen von Bäumen und Sträuchern. So im Beginn des 16. Jahrhunderts eine Villa des Kardinals Triulzio in der römischen Campagna[Fußnote: Mondanarii villa, abgedruckt in den Poemata aliquot insignia illustr. poetar. recent.], gegen Tivoli hin, mit Hecken von verschiedenen Rosengattungen, mit Bäumen aller Art, worunter die Fruchtbäume in allen möglichen Varietäten; endlich zwanzig Rebengattungen und ein grosser Küchengarten. Hier handelt es sich offenbar um etwas anderes als um ein paar Dutzend altbekannte Medizinalpflanzen, wie sie durch das ganze Abendland in keinem Schloss- oder Klostergarten fehlten; neben einer höchst verfeinerten Kultur des Tafelobstes zeigt sich ein Interesse für die Pflanze als solche, um ihres merkwürdigen Anblickes willen. Die Kunstgeschichte belehrt uns darüber, wie spät erst die Gärten sich von dieser Sammlerlust befreiten, um fortan einer grossen architektonisch-malerischen Anlage zu dienen.
das Unterhalten fremder Tiere ist gewiss nicht ohne Zusammenhang mit einem höhern Interesse der Beobachtung zu denken. Der leichte Transport aus den südlichen und östlichen Häfen des Mittelmeeres und die Gunst des italienischen Klimas machten es möglich, die mächtigsten Tiere des Südens anzukaufen oder von den Sultanen als Geschenk anzunehmen[Fußnote: Der Tiergarten von Palermo unter Heinrich VI., Otto de S. Blasio ad a. 1194. – Derjenige Heinrichs I. von England im Park von Woodstock (Guil. Malmesbur., p. 638) enthielt Löwen, Leoparden, Luchse, Kamele und ein Stachelschwein, lauter Geschenke fremder Fürsten.]. Vor allem hielten Städte und Fürsten gern lebendige Löwen, auch wenn der Löwe nicht gerade das Wappentier war wie in Florenz[Fußnote: Als solcher heisst er hier, gemalt oder in Stein gehauen, marzocco. – In Pisa unterhielt man Adler, vgl. die Ausleger zu Dante, Inferno XXXIII, 22.]. Die Löwengruben befanden sich in oder bei den Staatspalästen, so in Perugia und in Florenz; diejenige in Rom lag am Abhang des Kapitols. Diese Tiere dienten nämlich bisweilen als Vollstrecker politischer Urteile[Fußnote: S. das Exzerpt aus Aegid. Viterb. bei Papencordt, Gesch. der Stadt Rom im Mittelalter, S. 367, Anm. mit einem Ereignis von 1328. – Kämpfe der wilden Tiere unter einander und gegen Hunde dienten bei grossen Anlässen zur Belustigung des Volkes. Beim Empfang Pius II. und des Galeazzo Maria Sforza zu Florenz 1459 liess man auf dem Signorenplatz in einem geschlossenen Raum Stiere, Pferde, Eber, Hunde, Löwen und eine Giraffe zusammen auftreten, aber die Löwen legten sich hin und wollten die andern Tiere nicht angreifen.
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