Die Inseln der Weisheit by Alexander Moszkowski

Die Inseln der Weisheit by Alexander Moszkowski

Autor:Alexander Moszkowski [Moszkowski, Alexander]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Classics Fiction
veröffentlicht: 2017-03-15T00:00:00+00:00


* * *

Wir gelangten in eine Abteilung für technische Versuche, von denen die Mehrzahl den Zweck verfolgte, unbeachtete Energien in nutzbare umzuwandeln. Hier galt das Prinzip: es darf nichts verloren gehen; und selbst wenn es sich um unerhebliche Beträge handelt, sind wir verpflichtet, das Brauchbare aus ihnen herauszuholen. Das gehört zu den moralischen Erfordernissen der Mechanisierung.

Als wir uns in den Experimentiersälen umsahen, bearbeitete einer der Hauptforscher, Professor Dnali, gerade das Problem der menschlichen Kinnbacken. Er hantierte mit etlichen Versuchspersonen, an denen er mittels sinnreich konstruierter Apparate folgendes konstatiert hatte: ein erwachsener Mensch von durchschnittlicher Körperanlage leistet mit seinen Backzähnen bei einmaligem Kauen eine Kraft von rund 90 Kilogramm. Zur Verarbeitung der Nahrung braucht er aber nur 10 Kilogramm Kraftaufwand. Mithin werden bei jeder Kaubewegung 80 Kilogramm nutzlos verschwendet, welche der Allgemeinheit dienstbar gemacht werden können. Die Aufgabe besteht also darin, einen Mechanismus zu konstruieren, der die überschüssige Kaukraft auffängt und in zweckdienliche Arbeit umsetzt. Die Schwierigkeit liegt wesentlich darin, diesen Mechanismus so zu gestalten, daß er den Esser bei der Mahlzeit nicht behindert, ja von ihm gar nicht bemerkt wird. Dies bewirkt Professor Dnali durch Telekinese. Das ist ein Verfahren der neuesten Technik, Kraft durch Projektionen und Effluvien in die Ferne zu verpflanzen. Eine Erweiterung der drahtlosen Kraftübertragung, bei der die Elektrizität durch vitale Schwingungen ersetzt wird. In ihren Prinzipien ist die Telekinese viel zu abgründig, als daß sie hier erörtert werden könnte. Genug, sie ist vorhanden, wir sahen ihre Effekte, ohne die physikalischen Zusammenhänge ergründen zu können. Und diese Effekte waren erstaunlich: hier saß eine Reihe von Leuten beim Essen — dort, auf Distanz und kausal scheinbar abgetrennt, wurde Holz gespalten und industriell verarbeitet. Die Kraftquelle aber lag in den Kinnbacken.

Ein Assistent Dnalis exerzierte im Nebenraum mit Tänzern und Tänzerinnen.

Unabhängig von dem Tanzvergnügen, das man den Tänzern willig gönnt, werden diese selbst im Sinne der Forschung und Technik als Rotationsmaschinen betrachtet. Man berechnet: so und so viele Umdrehungen in der Stunde, so und so viel Meterkilogramm Kraftarbeit, die nicht nutzlos in die Welt verfliegen darf. Dieser Energiebetrag ist aber bei einem Ball von Durchschnittsfrequenz ein ganz ungeheurer. Und wiederum tritt die Telekinese in Funktion. Irgendwo in der Ferne werden Pfähle gerammt, Schienen genagelt, Granitblöcke behauen. Wer rammt, nagelt, behaut? Die rotierenden Tanzpaare mit ihrer aufgefangenen und fortgeleiteten Kraftabgabe. Hierin liegt es auch begründet, daß man auf der Insel in den Tanztouren selbst die kräftigen Urformen bevorzugt, den Galopp und andere Arten mit stampfenden Rhythmen. Während wir beobachteten, wurde die überschüssige Tanzkraft gerade dazu benutzt, um zwischen zwei Häusern der Stadt einen Wohnungsumzug mit sehr erheblichem Möbeltransport zu bewerkstelligen.

Der genannte Professor hat es sogar ermöglicht, die Tanzmusik zur Arbeit heranzuziehen; freilich nur, um die Theorie zu stützen, denn es handelt sich hierbei um sehr geringe Beträge. Eine Kalorie ist nämlich äquivalent der Energie eines eben noch hörbaren Tones von zehntausend Jahren Klangdauer. Professor Dnali hat nun gezeigt, daß die Klangwucht eines vollbesetzten, den ganzen Abend hindurch spielenden Ballorchsters ausreicht, um einen Löffel kalte Planktonbrühe aufzukochen.

Aber auch die geistigen Funktionen kommen



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