Die Ingenieurin von Brooklyn by Tracey Enerson Wood

Die Ingenieurin von Brooklyn by Tracey Enerson Wood

Autor:Tracey Enerson Wood
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783749950713
Herausgeber: HarperCollins


ZWANZIG

Der Vorfall mit Stone war bereits vergessen, als Miss Mann, Johnny und ich die Straße hinabgingen, um Mutter von der Fähre abzuholen. Es machte fast den Eindruck, als besuche sie uns nun öfter, um Johnny zu sehen, da sie wusste, dass wir ein Kindermädchen hatten und sie nicht jederzeit zum Kinderhüten einspannen würden.

Miss Mann hob Johnny in den Bollerwagen, da er sonst alle paar Meter staunend vor Bäumen, Hunden, Orgelspielern und anderen Kindern stehen blieb. »Meinen Sie, Sie könnten mich für heute Abend vielleicht entbehren, Mrs. Roebling?«

»Geht es etwa um einen Herrenbesuch namens Henri?« Ich lächelte. Es ging mich natürlich nichts an, aber ein wenig war ich an ihrer Verkupplung ja beteiligt gewesen.

»Ja, Ma’am, aber bitte erzählen Sie es niemandem.«

»Wieso denn nicht?« Meine Neugier siegte über meinen Respekt für ihre Privatsphäre. War Henri zu alt für sie? Verheiratet? Wir näherten uns dem Ufer, als von der nahenden Fähre ein trillernder Pfiff ertönte.

»Nennen Sie mich doch Muriel, Mrs. Roebling.«

»Nur, wenn Sie mich Emily nennen. Aber ich bin vor allem auf Ihre Antwort gespannt«, sagte ich mit einem Lächeln, das meine Neugier hoffentlich nicht dreist erscheinen ließ.

»Das würden Sie ja doch nicht verstehen.«

»Wieso das?« Ich nahm Johnny hoch, damit er einen besseren Blick auf das Boot hatte, das nun anlegte. »Seit wann bist du eigentlich so schwer?« Ich zog ihn höher, damit er etwas bequemer auf meiner Hüfte saß.

»Darf ich?« Miss Mann streckte die Arme nach Johnny aus, doch anstatt ihn ihr zu überlassen, legte ich den Kopf schräg und wartete auf eine Antwort auf meine Frage.

Sie senkte den Blick. »Ich gehöre zu den Mountain People; da bleibt man normalerweise unter sich.«

Wir standen an der Brüstung, während die Passagiere von Bord gingen.

»Mountain People?«

»Ramapo Mountains in New Jersey. Da komme ich her, aus Ringwood.«

»Da war ich schon. Hübsche Gegend.«

»Aber in meinem Ringwood waren Sie noch nicht.«

»Vermutlich nicht. Aber was hat das mit Henri zu tun?«

»Das verstehen Sie ja doch nicht.«

Mutter trat aus der Menge, schnipste mit den Fingern und rief über den Lärm hinweg: »Gepäckträger!«

Als ich ihr zuwinkte, begegnete sie meinem Blick und sah dann an uns vorbei. »Wo ist eure Kutsche?«

Miss Mann und ich türmten ihr Gepäck auf Johnnys Bollerwagen.

»Für die paar Häuserblocks hätte sich das nicht gelohnt, außerdem habe ich mir gedacht, dass du dir nach dem langen Sitzen bestimmt gern die Füße vertrittst.«

Nach ein paar Blocks machten wir eine Verschnaufpause, ehe es den Berg hochging, und Johnny gesellte sich zu ein paar Kindern, die Gitterlinien auf die Erde gezeichnet hatten und Hüpfkästchen spielten. Obenauf auf Mutters Gepäckstapel lag eine Ausgabe von Violets. Bestimmt dachte sie, sie sei die Erste, die das neue Buch von Carrie Beebe mitbrachte. Ich blätterte darin, ohne preiszugeben, dass ihr P. T. mit seinem Geschenk zuvorgekommen war.

»Willst du es dir nicht in Ruhe anschauen?«, fragte Mutter.

»Mehr als überfliegen ging in letzter Zeit nicht.«

»Dann lass es lieber gleich.« Sie nahm mir das Buch aus der Hand, die Lippen missbilligend zusammengepresst.

»Was ist denn los?«

»Weißt du, Emily, es ist eine Sache, sich für die Arbeit seines Mannes zu interessieren, aber eine völlig andere, sie sich komplett zu eigen zu machen.



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