Die Hunde im Souterrain: Roman (German Edition) by Gabriele Weingartner

Die Hunde im Souterrain: Roman (German Edition) by Gabriele Weingartner

Autor:Gabriele Weingartner [Weingartner, Gabriele]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Studentenbewegung, Homosexualität, Thomas Mann, New York, Selbstmord
ISBN: 9783990390207
Herausgeber: Limbus Verlag
veröffentlicht: 2015-02-08T16:00:00+00:00


5

Vierzehn Tage vor Ulrichs und Felices Abreise von Somerville nach New York, am 24. April 1974, wurde Günter Guillaume, Offizier im besonderen Einsatz der Hauptverwaltung Aufklärung des Staatssicherheitsdienstes der DDR, in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Bad Godesberger Ubierstraße verhaftet. Bereits 1957 in die SPD eingetreten und von Markus Wolf, dem ostdeutschen Geheimdienstchef, ferngelenkt, wurde er 1972 – über mehrere Stationen in der hessischen SPD – aufgrund seines großen Arbeitseinsatzes und Organisationstalentes Persönlicher Referent von Bundeskanzler Willy Brandt. Als Diener, Butler und Reisemarschall erhielt er nicht nur Zugang zu geheimen Akten, sondern durfte auch an den Gesprächsrunden des sogenannten inneren Kreises teilnehmen. Noch im Sommer 1973 fuhr der damals schon vom Verfassungsschutz verdächtigte Agent mit Brandt und dessen Familie nach Norwegen in Urlaub. Dort hatte er Gelegenheit, bereits entschlüsselte, streng geheime Nato-Dokumente vom Fernschreiber abzureißen und für sich und damit seinen Dienst zu kopieren. Einen Brief des amerikanischen Präsidenten Nixon gab ihm der Bundeskanzler – zur Weiterleitung nach Bonn – direkt in die Hand. Auch dessen zahlreiche Frauengeschichten blieben Guillaume nicht verborgen, bestimmte Damenbesuche soll er sogar vermittelt haben.

Da man Brandts Erpressbarkeit befürchtete, trug vor allem die Liste mit den mehr oder weniger heimlichen Geliebten am Ende dazu bei, dass der Kanzler zwei Wochen nach Guillaumes Verhaftung seinen Rücktritt erklären sollte. Zwar hatte Herbert Wehner, der SPD-Fraktionsvorsitzende, von ihm verlangt, um sein Amt und alle damit verbundenen Errungenschaften zu kämpfen, wobei Details aus dem in einem Schulungsheim in Bad Münstereifel stattgefundenen Gespräch nie bekannt wurden. Wehner aber war es letztlich auch gewesen, der bereits im September 1973 begonnen hatte, das sozialdemokratische Denkmal zu demolieren. Mit seiner berühmten Pfeife in der Hand und dem bekannt schiefen Mund beschimpfte der ehemalige Kommunist ausgerechnet in Moskau seinen Genossen als Schwächling, dem Optimismus und Übersicht fehlten. Er drückte es allerdings markanter aus. Der Herr badet gerne lau … so in einem Schaumbad, diktierte er den Journalisten, die ihn vor dem Abflug in die westdeutsche Bundesrepublik umringten, in die Notizblöcke. Und schmähte den für seine Ostpolitik mit dem Friedensnobelpreis Ausgezeichneten in nur unerheblich weniger groben Worten als seine Kollegen Todenhöfer und Wohlrabe, die er im Bundestag Hodentöter und Übelkrähe genannt hatte.

Die entsprechende Spiegel-Ausgabe vom 29. April, in der über die Affäre ausführlich berichtet wurde, gelangte erst drei Tage später, Anfang Mai also, ins Kaminzimmer des Institute for Westeuropean Studies. Da war Ulrich bereits mit der Vorbereitung für seine Vorträge an der Columbia University beschäftigt. Er und Felice sahen sich kaum, und so lasen sie das Magazin, das Felice aus der Brattle Street entwendet hatte und am nächsten Morgen pflichtschuldig wieder zurückbrachte, nachts im Bett. Vielleicht war ja auch die kaputte Antenne ihres Fernsehers daran schuld, dass sie nicht früher von dem Skandal erfuhren. Entsprechende Meldungen in amerikanischen Zeitungen sprangen ihnen jedenfalls nicht ins Auge. Und es kam auch niemand auf die Idee, aus Deutschland anzurufen, um Ulrich über den Spion im Kanzleramt zu informieren, nicht einmal Professor L.s Sekretärin, die ihn sonst über alles, nicht nur über das, was am Otto-Suhr-Institut passierte, auf



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