Die Hanna Duncker-Serie 03 - Dunkelwald by Mo Johanna

Autor:Mo, Johanna [Mo, Johanna]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2023-03-14T00:00:00+00:00

Der letzte Tag

Der Neonazi schaut zu ihnen, und Mikael kann es nicht lassen. Er hebt den Arm und winkt.

»Hör auf!«, faucht Elvira.

»Was macht er denn?«, fragt Sara, und gleich richtet sich Elviras Wut gegen sie.

»Misch dich nicht ein.«

»Okay, Entschuldigung.«

Sara wirkt verletzt, und Mikael verliert sofort die Lust, sich mit dem Neonazi und seinen kleinen Kumpels anzulegen. Lächerlich, dass der sich mit solchen Pimpfen umgeben muss, aber gleichaltrige oder ältere fahren wohl auf den Quatsch, den er verzapft, nicht ab. Im Burggraben zerschellt Glas, und glücklicherweise rennen die Neonazis gleich dahin. Ihn macht das Geräusch nur durstig, und er greift nach der Tüte mit den Bierdosen, die Torsten trägt.

»Warte noch, bis wir sitzen«, sagt Nosse.

»Wo setzen wir uns denn hin, Chef?«

»Das bestimme wohl kaum ich«, sagt Nosse, trotzdem sieht er zufrieden aus.

Sie gehen über das Kopfsteinpflaster und biegen auf den Weg, der durch die Bäume führt, wo sie fast mit einer anderen Gruppe Jugendlicher zusammenstoßen, die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs ist. Schon bald erreichen sie eine Lichtung, in deren Mitte eine Statue von Gustav Vasa steht. Überall sitzen Leute, also schlendern sie weiter. Die Bäume werden von gestutzten Hecken abgelöst, der Park an sich macht einen immer nüchterneren Eindruck. Nosse scheint nicht zu wissen, wohin er sie bringen soll.

»Hier ist es doch gut«, sagt Sara und geht an einer der Hecken vorbei auf die Wiese.

Das ist es, was Mikael an ihr liebt. Sie ist immer so aufmerksam. Will, dass alle zufrieden sind. Sie ist gleichzeitig sanft und taff. Wenn jemand ihr einen Spruch reindrücken würde, würde sie sich das nicht einfach gefallen lassen.

Sara breitet die Decke aus, und Mikael sieht zu, dass er den Platz neben ihr bekommt. Kann sie Fadi nicht einfach abservieren? Davor war sie ein paar Monate lang mit einem aus ihrer Klasse zusammen gewesen, der dann nach Kopenhagen gezogen war. Irgendwie schienen alle an ihr interessiert zu sein, am Anfang der zehnten gab es fast ein Gerangel um sie. Mikael war mit keiner aus der Klasse zusammen. Vielleicht, weil keine mit Sara mithalten konnte. Elvira mag er auch, aber nur freundschaftlich. Sie ist auch ziemlich taff, aber ihr fehlt Saras sanfte Seite. Außerdem sind sie und Torsten schon die ganze Oberstufenzeit über zusammen. Gerade scheint zwischen den beiden aber nicht mehr alles in Ordnung zu sein. Elvira tippt auf ihrem Handy rum, obwohl Torsten neben ihr sitzt. Immerhin hat sich bei ihm endlich so was wie Feierlaune eingestellt. Mikael holt zwei Bier aus der Tüte und hält sie ihm hin.

»Trinke und sei froh.«

»Trinke und sei froh«, grinst Torsten, nimmt eins und prostet ihm zu.

Elvira prostet mit, aber nicht gerade euphorisch. Sie wirft Torsten einen Blick zu, steht auf und sagt ihm, er solle mitkommen. Mikael hofft, dass sie Torsten jetzt nicht über das ausfragen will, was ihm über seine Eltern rausgerutscht ist. Er trinkt einen Schluck Bier und sieht aus dem Augenwinkel, wie sich jemand nähert.

»Hier sitzt du also und säufst.«

Seine Schwester. Er ist überrascht, dass Kasper sie überhaupt hat herkommen lassen. Der Kerl hat echt einen an der Waffel.

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