Die Glasfalle by Herbert Werner Franke

Die Glasfalle by Herbert Werner Franke

Autor:Herbert Werner Franke
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: sf
ISBN: 3518386697
Herausgeber: Suhrkamp
veröffentlicht: 1992-12-31T20:00:00+00:00


11

Es war Nacht über dem Kasernengelände, die Fenster der Gebäude waren dunkel, die Übung war vorbei. Die Mannschaft und die Unteroffiziere waren zur Ruhe gegangen; nur der Wachtposten schritt seine einsame Runde. Vielleicht wachte auch noch der Major – das wußte niemand.

Abel lag in seinem Bett, den Kopf in die hinter dem Nacken verschränkten Arme gestützt. Er konnte durch die Fenster auf einen leeren verschwommenen Fleck Betonstraße sehen. Es war soweit. Heute war seine Nacht. Es war das Ende und der Beginn, wenn er auch nicht wußte, was beginnen sollte.

Er wartete noch eine Weile. Dann ließ er sich langsam am Bettpfosten hinab. Im zweiten Bett merkte er eine Bewegung, Austin setzte sich auf.

»Wohin gehst du?«

»Sei still«, sagte Abel. Er zog Hose, Jacke und Stiefel an und trat vor die Tür. Hinter ihm ein Geräusch – Austin.

»Was hast du vor?« fragte Austin.

»Warum fragst du – es interessiert dich doch nicht!« antwortete Abel.

Austin hielt ihn am Ärmel fest. »Deine verrückten Ideen sind mir gleichgültig, aber du darfst mir meine Pläne nicht verderben!«

»Darf ich nicht?«

Abel trat ans Gangfenster und hielt nach dem Posten Ausschau.

»Sei doch nicht so stur«, bat Austin. »Ich weiß jetzt, wie ich entkommen kann. Hör zu: Ich sprenge den Ausgang auf.«

»Womit?« fragte Abel.

»Es muß doch hier irgendwo Sprengstoff geben. Dynamit. Granaten. Bomben.«

Dynamit, Granaten, Bomben. Abel mußte diese Ausdrücke schon einmal gehört haben. Er wußte, was sie bedeuteten. Natürlich. Sie waren beim Militär, und beim Militär mußte es Sprengstoff geben. Sprengstoffe. Geschütze. Raketen. Raketenbasen. U-Boote, Raumstationen. Bomben, Bomber, Atombomben. Sie waren beim Militär, und beim Militär gibt es das alles. Aber wo war es?

»Meinst du?« fragte er. »Und wo?«

»In den Vorratsräumen, in den Magazinen. Irgendwo.«

»Wie willst du daran kommen?«

»Es liegt doch alles unversperrt da. Wo haben wir schon Sicherungen gefunden...«

»Ja«, sagte Abel. »Die Kleidungsstücke, die Zelte und die Taschenlampen. Und das andere Gelumpe. Die Pistolen sind unter Verschluß. Wo sind wir schon auf Waffen gestoßen?«

Der Posten erschien weit links am Rande des Magazins. Langsam wanderte er über die Betonstraße.

»Ich werde etwas auftreiben.«

Der Posten erschien vor dem Fenster; man hörte seine Schritte. Abel und Austin zogen die Köpfe ein. Die Schritte wurden leiser ... unhörbar.

»Wie kannst du so gleichgültig sein«, sagte Austin. Es war etwas wie Schluchzen in seiner Stimme. »Denk doch an draußen. An die Freiheit. Es besteht die Möglichkeit, daß wir hinauskommen, fort von hier aus diesem Zuchthaus. Hier sind wir gefangen. Wir sind Gefangene! Irgendwo unter der Erde vergraben.«

Unter der Erde, dachte Abel. Unterstände, Bunker. Entseuchte Luft. Künstliches Klima. Gefangene. Dann gäbe es draußen... Aber er wußte, daß es nicht wahr war. Es war nicht so einfach. Austin verstand das nicht.

»Das kann dir doch nicht alles gleichgültig sein!« flehte Austin. »Das kannst du doch nicht aufs Spiel setzen! Laß mir Zeit, wenigstens noch ein paar Stunden!«

Abel ging an die Tür und zog sie leise auf.

»Das kann dir doch nicht gleichgültig sein – die ewig lange Zeit, die wir hier verbracht haben. Der Major, der daran schuld ist. Du irrst dich, Austin. Du jagst einem Phantom nach. Draußen kann nichts sein als die Leere.



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