Die Geheimnisse Italiens by Corrado Augias

Die Geheimnisse Italiens by Corrado Augias

Autor:Corrado Augias [Augias, Corrado]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783406658990
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-07-08T22:00:00+00:00


Kann ein solches Land trotz ökonomischer Unterschiede von dieser Größenordnung als «vereint» gelten? Die Antwort ist nicht zwingend negativ. Die Wirtschaftslage ist nicht alles, es gibt durchaus noch andere Kriterien, die die Italiener des Nordens und die des Südens der Halbinsel zu einer Schicksalsgemeinschaft machen. Man muss sie nur aufzuspüren wissen.

VII. FRANZISKUS DER ERNEUERER

«Ich zögerte ein wenig und ging dann aus der Welt …»

Umbrien ist eine besondere Region. Die einzige der Halbinsel Italien, die ausschließlich von Land umgeben ist, ohne einen Zugang zum Meer, aber auch die einzige, die weder zu Lande noch zu Wasser an die Grenze zu einem anderen Land stößt. Mit knapp einer Million Einwohnern ist sie eine der am dünnsten besiedelten Regionen, mit überwiegend hügeliger Landschaft, durchquert von einem Fluss von bescheidener Länge mit einem großen Namen, dem Tiber; außerdem von einer antiken Konsularstraße, der Via Flaminia (220 v. Chr.), die Rom mit der Adriaküste verbindet – auf den ersten Blick also eher eine Region für die Durchreise als zum Verweilen. Dieses Eingeschlossen-Sein auf begrenztem Raum (8500 Quadratkilometer im Ganzen), der gotische Charakter seiner Städtchen, angefangen bei Perugia, der Landeshauptstadt, oder Orvieto, auf einem hochgelegenen Felsplateau aus Tuffstein errichtet, geben Umbrien ein fast durchgängig archaisches Kolorit, nur selten aufgelockert durch spielerische Leichtigkeit. Spoleto, Todi, Cascia, Gubbio, Norcia, Montefalco, Montecastello di Vibio, kleine Städte von unterschiedlicher Größe, fast immer auf dem Gipfel einer Anhöhe nistend. Jede ist anderes, alle jedoch herausragend durch irgendein Kleinod der Kunst, durch die urbane Architektur, die steinernen Bauten in den Altstädten, die steilen, verschlungenen, abschüssigen Wege, die Beengtheit des Raums, die sie umgebende Landschaft der buckeligen Hügel, grünschimmernd mit Oliven, Wein, Eichen- und Kastanienwäldern. Die Geschichte aller übrigen Regionen erzählt von Beherrschung und Eroberung, Gewalt und Kampf. Die Geschichte Umbriens nicht. Das einschneidendste Militärereignis hier ist und bleibt die berühmte Schlacht am Trasimenischen See (217 v. Chr.) zwischen Hannibals Truppen und den von Konsul Gaius Flaminius befehligten römischen Legionen. Keine echte Schlacht, eher ein Massaker mit dem genialen karthagischen Feldherrn, der als Überraschungsangriff auf die Flanken der beim Marsch am Seeufer besonders exponierten Legionen ein Manöver im Stile Napoleons durchführte. Die Zahl der römischen Toten an diesem Tag ging in die Tausende.

Assisi habe ich noch nicht erwähnt, denn genau dorthin wollen wir jetzt kommen. Der Blick vom Tal aus ist beeindruckend, weil sich Assisi in Stufen erhebt. Die Stadt ist terrassenförmig auf einen Felsrücken des Monte Subiaso gebaut, und man hat dort, ähnlich wie in Jerusalem, unmittelbar das Gefühl, an einem außerordentlichen Ort angekommen zu sein. Das bewirken die Farben, die Konturen, der Kontrast zwischen Bergen und Himmel, die mächtigen Pfeiler des Heiligen Konvents, die mit ihren Arkaden die darüberliegenden Bauwerke stützen: Häuser, Kuppeln, Kirchtürme, Basiliken.



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