Die Frau in Kirschrot by Perry Anne

Die Frau in Kirschrot by Perry Anne

Autor:Perry, Anne [Perry, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-23T00:00:00+00:00


Er nahm sich sämtliche Mädchen des Haushalts vor, doch Dulcie war offenbar bemerkenswert diskret gewesen und hatte alles für sich behalten, was ihr im Umkreis ihrer Herrin aufgefallen war. Die Fragen über ihren Tod behielt er sich für Veronica vor.

Ihre Schwiegermutter war nicht da, was Thomas Pitt als erste Wohltat seit langer Zeit empfand, und Veronica empfing ihn in ihrem Boudoir.

»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen könnte, Mr. Pitt«, sagte sie ernst. Sie trug ein tannengrünes Kleid, das ihre Zartheit hervorhob. Ihr blasses Gesicht und die Ringe unter den Augen ließen darauf schließen, daß sie schlecht geschlafen hatte. Sie stand in einiger Entfernung von Pitt und heftete den Blick auf ein goldgerahmtes Gemälde an der Wand. »Ich sehe keinen Sinn darin, die Tragödien der Vergangenheit immer wieder auszugraben. Nichts kann mir meinen Mann zurückbringen, und das Silber oder das Buch interessieren uns nicht. Es wäre uns lieber, nicht ständig daran erinnert zu werden.«

Es war ihm zuwider, was er tun mußte, doch es war ihm kein anderer Weg möglich. Wenn er sich ein bißchen früher intelligenter verhalten hätte, wäre Dulcie noch am Leben.

»Ich bin hier wegen Dulcie Mabbutt, Mrs. York.«

Sie drehte sich schnell um. »Dulcie?«

»Ja. Sie hat hier im Haus etwas sehr Wichtiges gesehen. Wie starb sie, Mrs. York?«

Ihr Blick flackerte nicht, und auch in ihren ohnehin blassen Zügen war keine Veränderung zu bemerken. »Sie lehnte sich zu weit aus dem Fenster und verlor das Gleichgewicht.«

»Waren Sie dabei?«

»Nein, es geschah abends, nach Einbruch der Dunkelheit.«

»Warum sollte sie sich so weit aus dem Fenster lehnen?«

»Ich weiß es nicht. Vielleicht sah sie jemanden.«

»Im Dunkeln?«

Sie biß sich auf die Lippen. »Möglicherweise hat sie irgendeinen Gegenstand fallen lassen.«

Pitt verfolgte das nicht weiter, diese Art Vermutungen waren zu unwahrscheinlich. »Wer befand sich an diesem Abend im Haus, Mrs. York?«

»Natürlich alle Bediensteten, meine Schwiegereltern und Abendessensgäste.«

»Wer waren diese Gäste?« Er ahnte die Antwort, ehe er sie hörte.

»Mr. und Mrs. Asherson, Mr. Garrard Danver, Mr. Julian und Mrs. Danver, Sir Reginald und Lady Arbuthnott, Mr. und Mrs. Gerald Adair.«

»Trug eine der Damen oder Sie selbst ein Kleid in leuchtendem Kirschrot, Madam?«

»Wie bitte?« Ihre Stimme war kaum ein Flüstern, und diesmal wurde ihr Gesicht totenblaß.

»Ein leuchtendes Kirschrot«, wiederholte er.

Sie schluckte, und ihre Lippen formten ein »Nein«, doch kein Laut war zu hören.

»Dulcie sah eine Frau in solch einem Kleid, Mrs. York, oben am Treppenabsatz in diesem Haus...« Ehe er weiterreden konnte, kippte sie vornüber. Dabei streckte sie die Hände nach vorn und riß beinahe einen Stuhl mit sich.

Thomas Pitt wollte sie auffangen, doch es war zu spät. Er konnte sich nur mehr neben ihr niederknien. Sie war bewußtlos, ihr Gesicht weiß im Gaslicht. Er hob sie hoch und trug sie auf das Sofa, dann läutete er Sturm und riß fast die Schnur aus der Wand.

Sobald der Diener erschien, befahl ihm Pitt, die Zofe mit etwas Riechsalz herzuholen. Seine Stimme klang rauh. Er mußte sich zusammenreißen, denn in seinem Inneren tobten die verschiedensten Gefühle. Er hatte Angst, zu ungeschickt gewesen zu sein und den Skandal heraufbeschworen zu haben, den Ballarat um jeden Preis hatte vermeiden wollen.



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