Die Braut des Nil by Christian Jacq

Die Braut des Nil by Christian Jacq

Autor:Christian Jacq
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2010-10-06T06:40:50.984000+00:00


Kamose brauchte lange, um wieder zu Atem zu kommen. Erst als er das westliche Ufer erreichte, spürte er die Auswirkung der Angst. Trotz der warmen Nacht fröstelte er. Er zitterte an allen Gliedern und klapperte mit den Zähnen.

Der Vorfall hatte seine Entschlossenheit nicht im Geringsten ins Wanken gebracht. Er hatte den Fluss überquert. Er würde bis ans Ende gehen.

Alle Thebaner sprachen davon, wie prachtvoll die gewaltige Villa des Richters Rensi war, dessen Reichtum dem des Bürgermeisters von Theben gleichkam. Es war für Kamose nicht schwierig gewesen, sich von Händlern das prunkvolle Landgut beschreiben zu lassen.

Nachdem er das Ufer hinaufgeklettert war und erneut einen Wald aus Schilfrohr durchquert hatte, ging er einen Pfad entlang, der über ein Dinkelfeld führte, und hörte in der Ferne Musik und Gesang.

Vorsichtig näherte er sich und erblickte das Portal zur Villa des Richters Rensi. Es war ein monumentales Tor aus Ziegelsteinen, dessen Türsturz und dessen Säulen jedoch aus Kalkstein bestanden. Die halb geöffnete Tür selbst war aus Libanonzedernholz. Im Inneren des Anwesens empfingen Diener mit Fackeln die Gäste zu dem großen Bankett, das der Richter anlässlich des Geburtstages seiner Tochter Nofret gab.

Die Villa stand inmitten eines riesigen Gartens, der von Natursteinmauern umgeben war, in denen sich unauffällige, von Aufsehern bewachte Ausgänge befanden.

Dieser Garten war eines der größten Wunder Thebens. Neben Obstbäumen gab es dort seltene Pflanzenarten, vor allem Weihrauchbäume aus dem wunderbaren Lande Punt.

Kamose lief um das Anwesen herum und ging an den Weinfeldern des Richters entlang, die einen ausgezeichneten Wein lieferten. Er kletterte auf einen Palmenstamm, der über die Mauer ragte, sprang auf die weiche, gerade vom Gärtner bewässerte Erde und schlich sich durch Hibiskusbüsche hindurch in Richtung Villa.

Das Bankett hatte noch nicht begonnen; die elegant gekleideten Gäste standen am Rande von zwei großen rechteckigen Wasserbecken, auf denen Enten schwammen, und plauderten. Bedienstete servierten ihnen kühle Getränke. Turteltauben ließen ihren hellen Gesang ertönen und wetteiferten mit einem Orchester von Musikerinnen, die Flöte und Harfe spielten.

Von Feigenbäumen geschützt, hinter denen er beobachten konnte, ohne gesehen zu werden, schlich Kamose von Stamm zu Stamm, bis er endlich die entdeckte, mit der er sprechen wollte: Nofret, die Tochter von Richter Rensi.

Nofret unterhielt sich mit zwei jungen Männern, die ihr den Hof machten. Ihre Schönheit versetzte Kamose in sprachloses Erstaunen. Sie trug ein langes weißes Kleid und hatte einen ebenfalls weißen Schal über die Schultern gelegt. Dieser verbarg nur zum Teil eine breite Halskette aus Gold und Karneol. Dazu hatte Nofret eine lange, geflochtene Perücke ausgewählt, auf die sie einen Salbkegel gesetzt hatte. Arm- und Fußreifen betonten ihre zierlichen Handgelenke und Knöchel. Ihre Augen waren grün geschminkt.

Für ein paar Minuten vergaß Kamose alles andere und bewunderte jene, in die er sich bis über beide Ohren verliebt hatte. Nie würde er eine andere Frau lieben können!



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