Die Abenteuer des guten Soldaten Å vejk im Weltkrieg - Reclam-Bibliothek by Reclam

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Autor:Reclam [Reclam]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-31T00:00:00+00:00


[529] DRITTER TEIL

Die glorreiche Dresche

Kapitel 1

Durch Ungarn

Endlich war der Augenblick gekommen, wo man sie im Verhältnis von achtundvierzig Mann zu acht Pferden in die Waggons stopfte. Die Pferde allerdings fuhren bequemer als die Mannschaft, da sie im Stehen schlafen konnten, was aber nicht störte. Der Militärzug fuhr abermals nach Galizien eine neue Gruppe von Menschen, die auf die Schlachtbank getrieben wurde.

Dennoch verspürten diese Geschöpfe eine gewisse Erleichterung; es war schon etwas Gewisses, als der Zug sich in Bewegung setzte, vorher war es nur eine peinigende Ungewissheit gewesen, eine Panik, ob man schon heute fahre oder erst morgen, oder gar übermorgen. Einigen ging es wie zum Tode Verurteilten, die mit Angst darauf warten, wann der Henker sie holen kommt. Dann aber tritt Erleichterung ein, weil es gleich vorbei sein wird.

Deshalb rief ein Soldat wie ein Verrückter aus dem Waggon: »Wir fahren, wir fahren!«

Der Rechnungsfeldwebel Vaněk hatte völlig recht gehabt, als er zu Švejk sagte, dass keine Eile sei.

Bis zu dem Augenblick, an dem sie in die Waggons krochen, vergingen einige Tage; dabei wurde ununterbrochen über Konserven gesprochen, und der erfahrene Vaněk erklärte, das sei alles nur Phantasie. Was für Konserven denn! Höchstens noch eine Feldmesse, weil beim letzten und vorletzten Marschbataillon das auch so gewesen war. Wenn es Konserven gibt, fällt die Feldmesse aus. Anderenfalls ist die Feldmesse ein Ersatz für die Konserven.

[530] Und so erschien anstatt der Gulaschkonserven Oberfeldkurat Ibl, der drei Fliegen mit einer Klappe schlug. Er zelebrierte die Messe für drei Marschbataillone gleichzeitig, zwei davon segnete er nach Serbien und eines nach Russland.

Er hielt dabei eine sehr begeisterte Rede, und man konnte erkennen, dass er sein Material aus Soldatenkalendern entnahm. Die Rede war so anrührend gewesen, dass Švejk, der, als sie nach Wieselburg fuhren, sich zusammen mit Vaněk in einer improvisierten Kanzlei befand, an diese Rede denken musste und zum Rechnungsfeldwebel sagte: »Das wird wirklich fein, wie das der Feldkurat erzählt hat, wenn der Tag sich dem Abend zuneigt und die Sonne mit ihren goldenen Strahlen hinter den Bergen untergeht und man auf dem Schlachtfeld, wie er gesagt hat, die letzten Atemzüge der Sterbenden hören wird, das Wiehern gefallener Pferde, das Stöhnen verwundeter Männer und das Wehklagen der Bevölkerung, der die Häuser über den Köpfen brennen. Ich habe es sehr gern, wenn die Leute so einen Schwachsinn im Quadrat erzählen.«

Vaněk nickte zustimmend mit dem Kopf: »Das war eine verdammt rührende Geschichte.«

»Das war sehr schön und lehrreich«, sagte Švejk. »Ich habe mir das sehr gut gemerkt, und wenn ich aus dem Krieg zurückkehre, werde ich es im ›Kelch‹ weitererzählen. Als der Herr Kurat uns das dargelegt hat, hat er sich so schön breitbeinig hingestellt, dass ich schon Angst hatte, dass seine Haxe ausrutscht und er in den Feldaltar hineinfällt und sich die Rübe an der Monstranz kaputtschlägt. Er hat uns so ein schönes Beispiel aus der Geschichte unserer Armee gegeben, als Radetzky noch gedient hat und sich mit der Abenddämmerung der Feuerschein verband, als die Scheunen auf dem Schlachtfeld gebrannt haben. Es war so, als ob ich es gesehen hätte.



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