Deutsch auf Vorderfrau by Luise F. Pusch

Deutsch auf Vorderfrau by Luise F. Pusch

Autor:Luise F. Pusch [Pusch, Luise F.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Wallstein Verlag
veröffentlicht: 2015-05-23T16:00:00+00:00


Männliche Beginen in Bremen gesichtet

Neulich schrieb meine Freundin Andrea Schweers aus Bremen in einem Kommentar:

Anfrage an die Feminar-Zentrale: Seitdem das wunderbare Bremer Beginenhof-Projekt vor einigen Jahren in finanzielle Turbulenzen geriet und ein Insolvenzverwalter die noch freien Wohnungen vergibt, sind dort einige Männer eingezogen. Die Beginen sehen es, je nach Einstellung, gelassen oder voller Wut. Auf jeden Fall taucht nun aber natürlich die Frage auf, wie diese Männer zu bezeichnen sind: Begineriche?

Liebe Andrea – Begineriche ist natürlich sehr ausdrucksstark und unmittelbar ansprechend. Die Kurzfassung wäre dann Beginer, was sofort den Beginner auf den Plan ruft: Bloody Beginners – blutige Anfänger.

Gudrun Nositschka verwies auf die Begarden, historisch das männliche Gegenstück der Beginen. Das wäre eine Bezeichnung, die den Männern zusagen könnte, mehr noch als Begino oder Beginus, deren mögliche Pluralformen nicht so recht überzeugen: Beginos oder -nen? Beginusse oder -nüsse?

Aber was haben wir davon, wenn die Eindringlinge sich auch noch wohlfühlen? Ich bin mehr für sprachliche Selbstverteidigung. Männer sind ja mit verbalem Geschütz auch nicht zimperlich, denken wir nur an die Wörter Emanze, Quotenfrau etc.

Beim Nachsinnen über Deine Frage – unterstützt durch fortwährendes Abspielen von Begin the Beguine via YouTube – sind mir inzwischen noch folgende Möglichkeiten eingefallen:

Begonen – meine Assoziation dazu sind die Klingonen, unschöne Krieger aus dem Star-Trek-Universum (dt.: »Raumschiff Enterprise«). Die meisten, denen ich von meiner Eingebung erzählte, dachten aber eher an Begonien. Auch nett. Denn (um mich einmal selbst zu zitieren): Wer Agonie sagt, muss auch Begonie sagen.

Begonen erinnert zweitens an das englische begone »hau ab«, »fort mit dir«.

Gibt es eine passendere Bezeichnung für rüde Eindringlinge, die ein in Schwierigkeiten geratenes Frauenprojekt nicht in Ruhe lassen können??!!

Auch nicht ohne Reiz finde ich hier die bequeme Lieblingsmethode der Männer: sprachliche Eingemeindung. Es gäbe dann neben den richtigen Beginen auch noch ein paar unerwünschte männliche Beginen (wie es seinerzeit neben den richtigen Studenten, Politikern etc. auch noch ein paar weibliche Studenten, Politiker etc. gab).

»Männliche Begine« wird den Männern vermutlich am wenigsten gefallen, denn es gilt der Satz: »In unserer patriarchotischen Kultur ist Feminisierung des Mannes gleichbedeutend mit Degradierung.«

Obwohl die Eingemeindung, das »umfassende Femininum«, Männern ein hervorragendes Empathietraining vermittelt, hat es doch auch einen schweren Nachteil. Eine feinsinnige Frau fand dafür die klassischen Worte: »Das Femininum ist mir aber für Schwanzträger zu schade.«

Also vielleicht doch lieber: Begone. Fort mit euch! – Das Wort werden wir bald nicht mehr missen wollen, denn Begonen sind überall, nicht nur im Bremer Beginenhof.

November 2008



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