Der Zthronmische Krieg (German Edition) by Falke Matthias

Der Zthronmische Krieg (German Edition) by Falke Matthias

Autor:Falke, Matthias [Falke, Matthias]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Begedia, ENTHYMESIS, Space Opera
Herausgeber: Begedia Verlag
veröffentlicht: 2014-09-08T22:00:00+00:00


Pater Bel

Auch in dieser Nacht fand der Pater kaum Schlaf. Nach der Öffnung des Zeughauses hatten die, die er bei sich die Verschwörer nannte, sich mit leichten Strahlenwaffen und veralteten Feldwerfern versehen. Was man damit gegen die hochgerüsteten Zthronmic ausrichten konnte, blieb zweifelhaft, selbst wenn man der Prämisse zustimmte, dass man ihnen in Zukunft nicht mehr unbewaffnet gegenübertreten werde. Bewaffnet waren sie; sie schwangen Steinschleudern gegen ein Heer von Goliaths.

Die Augen der Männer und Frauen hatten geleuchtet. Für eine heilige Stunde waren sie wieder die Kinder seiner Einweisungsgruppe, die am Festtag ins Bescherungszimmer durften und sich dann gegenseitig ihre schönsten Geschenke präsentierten. Ari ben Guron hatte einen Feldwerfer geschwungen, als beabsichtige er, den ganzen Pueblo in Schutt und Asche zu legen. Und selbst Shorena hatte sich mit Strahlenpistolen und den zugehörigen kleinen Brennzellen behängt, als bereite sie sich auf einen Kostümball vor. Die genügsamen Amish hatten sich martialischer gebärdet, als selbst aus dem verzweifelten Selbstbehauptungswillen dieses Tages zu erklären war. Pater Bel hatte hilflos zusehen müssen, wie Jahrzehnte der Erziehungsarbeit, in denen er sie zu Demut, Friedfertigkeit und Duldsamkeit hatte führen wollen, in Augenblicken in den Staub sanken. All die frommen Worte, die süßen Chorgesänge, die gläubig zu ihm aufgeschlagenen Kinderaugen, die auswendig gelernten und mit Inbrunst gelispelten Verse, die heiligen Schwüre und kraftvollen Eide – all das wurde zu nichts, als sie das kalte Metall und den tödlichen Glanz der Waffen spürten.

Die Trauer um die Toten dieses Vormittags und der seit Jahrzehnten aufgestaute Hass auf die entwürdigende Behandlung durch die Zthronmic, die Unzufriedenheit mit der fatalen Situation und die Enttäuschung über eine Union, die seit Jahren nicht zu ihren Versprechen stand – all das war zusammengeflossen zu einer glühenden Melange. Wie eine Legierung im heißen Bad des Hochofens war ein neuer Zustand geronnen, bei dem die ursprünglichen Eigenschaften in ihr Gegenteil umgeschlagen waren. Was weich war, war hart geworden. Was biegsam war, war starr geworden. Was elastisch war, war unnachgiebig geworden. Und was bereit gewesen war zurückzuweichen, das griff plötzlich an.

Der Pater fragte sich, wer Schuld an dieser Entwicklung war. Aber er begriff, dass die Frage falsch gestellt war. Die Entwicklung brach sich Bahn. Sie hatte die unaufhaltsame Gewalt eines Naturgeschehens. Auch ein Erdbeben oder ein Vulkanausbruch verwandelten Sicheres in Unverlässliches, Festes in Flüssiges. Und doch waren auch sie ein Teil des Schöpfungsplans. In diesen Tagen erlebten sie, wie vulkanische Beben und tektonische Hebungen ihr Leben erfassten. Was nützten die Fundamente und Mauern eines Hauses, die Ordnung eines Gemeinwesens, die Gesetze eines Staates, wenn der Kontinent, auf dem er errichtet war, in Bewegung geriet? Wenn die Welt, die sie seit Generationen unverrückbar umfangen hatte, plötzlich zu schwanken begann? Wer stand dahinter? Etwas, das man Gott nennen mochte. Aber der Pater scheute sich, den Gott, an den er glaubte und den er Generationen von Kindern und Schülern anempfohlen hatte, dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Die Kinder waren selber Eltern geworden; Eltern, denen ein unerklärter Krieg ihre Kinder genommen hatte. Etwas war falsch an dieser Geschichte. Etwas daran roch faul. Alles verkehrte sich in sein Gegenteil.



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