Der Untergang der Welt by Juel Larsen

Der Untergang der Welt by Juel Larsen

Autor:Juel Larsen [Larsen, Juel]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kreuzfahrt, Kreuzritter, Ritter, Mittelalter, Dänemark, Jerusalem, Papst, Glaube, Christentum, historischer Roman
ISBN: 978-3-95520-074-9
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2015-05-16T16:00:00+00:00


Auf dem langen Marsch von Nicäa nach Konya – er dauerte fast zwei Monate – saß Ysobelle vor Rane auf dem Pferd, einem starken kurzbeinigen Tier aus hiesiger Zucht, das er sich nach der Schlacht bei Dorylaion eingetauscht und insgeheim Ysobelle die Zweite getauft hatte, da seine Augen denselben zähen, tapferen Ausdruck hatten wie sie. Selbst war er oft nahe dran, aufzugeben. Der Kreuzzug hatte seine Mission erfüllt und die Schuldgefühle wegen seiner Frau gedämpft, ja fast begraben, und wenn er doch weiterzog, dann weil die große und fremde Landschaft ihn zu sehr einschüchterte, um kehrtzumachen.

Ysobelles Tapferkeit hatte jedoch ganz andere Gründe, als Rane vermutete. Nachdem die Frau Aelis in ihre Reisegesellschaft aufgenommen war, kannte ihre Verzweiflung und Eifersucht keine Grenzen. Bei Ysobelle, wie auch in den meisten anderen Fällen, war die Eifersucht nicht nur Einbildung, sondern entsprang einem wirklichen Schmerz, beiseitegeschoben zu werden, und in diesem Punkt machte sie sich nichts vor. Rane widmete ihr viel weniger Aufmerksamkeit als früher, und Ysobelle hatte das Gefühl, etwas Schwarzes würde in ihrer Brust zusammengepresst.

Ysobelle hatte Aelis vom ersten Moment an verabscheut und mit ihrer ganzen klaren Mädchenseele durchschaut, zugleich musste sie ohnmächtig ansehen, wie die Frau immer mehr Macht an sich riss, die sie nur zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzte und um Ysobelle zu verdrängen. Ysobelle faltete ihre kleinen Hände und tat das Einzige, was in ihrer Macht stand: zum Heiland zu beten und zu hoffen, es möge stimmen, was die Christen sagten, dass Er, Der Allmächtige, alles hörte und den Notleidenden half. Sie befürchtete jedoch, der Gott der Christen mochte zu viel zu tun haben, um ihre Gebete zu erhören, und sie überlegte, Rane zu fragen, ob andere Völker ihre eigenen Götter hätten, damit der christliche Gott nicht überlastet wäre. Vielleicht, dachte sie, war es anfangs sinnvoll gewesen, den Himmel in viele Gottesreiche einzuteilen; erst später war die Vielfalt in gegenseitiges Misstrauen ausgeartet, Hass und Krieg, was wiederum die Ohren der Götter überlastete, so dass sie in der Kakophonie der Notrufe, die zu ihnen hochgeschickt wurden, überhaupt nichts mehr hörten. Besonders in Kriegszeiten musste die Menge der Gebete so überwältigend sein, dass man sich leicht vorstellen konnte, wie die Götter einfach die Finger in die Ohren steckten oder sich gezwungen sahen, ihr Gottesreich in mehrere kleine Reiche zu teilen, die aber ebenfalls überlastet waren. Ysobelles Lippen bewegten sich lautlos.

Sie betete, Rane mögen endlich die Schuppen von den Augen fallen. Die Macht der Frau über Rane war zu groß geworden, genau wie Ranes Melancholie – was besonders merkwürdig war, weil er immerzu behauptete, Aelis würde ihn so glücklich machen.

Ysobelle hasste die Frau so stark, dass sie sich weigerte, ihren Namen auszusprechen, und sie nur »die Frau« nannte, in der kindlichen Hoffnung, durch eine solche Magie würde Aelis sich in nichts auflösen und verschwinden. Ihr Hass übertraf sogar noch den gegen jene, die ihre Eltern getötet hatten – und wenn sie so richtig nachdachte, war sie ganz sicher, »die Frau« in dem Pöbel gesehen zu haben, der ihre Eltern umgebracht hatte. Ob es nicht doch Einbildung war, wusste sie nicht.



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