Der Totenarzt: by Chris Carter

Autor:Chris Carter [Carter, Chris]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller, Crime, Mystery, Suspense, Adult
Amazon: B0CLD2YFG9
Goodreads: 200238950
Herausgeber: Ullstein eBooks
veröffentlicht: 2024-06-04T22:00:00+00:00

30

Hunter begann mit dem Foto auf der letzten Seite des Albums, das als Erstes seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Es zeigte Joana und den etwa vierzehnjährigen Joseph. Es war an einem sonnigen Tag aufgenommen worden, Joana saß auf einer frisch gemähten Rasenfläche und hatte einen großen Picknickkorb neben sich stehen. Sie trug ein geblümtes Kleid mit Spaghettiträgern und dazu Riemchensandalen. Joseph stand hinter ihr und blickte mit herabhängenden Armen geradeaus. Sein Lächeln war scheu und wirkte ein wenig erzwungen. Vorne auf seinem T-Shirt prangte in unleserlicher Schrift der Name einer Metal-Band.

»Was mir auf dem Foto hier aufgefallen ist, war Terry Wilfords Sohn«, sagte Hunter. »Joseph. Siehst du seine Arme?«

»Ja, was ist mit denen?«

»Hier.« Hunter tippte mit dem Finger auf das Foto. »Kurz unterhalb des Ellbogengelenks. Seine Arme sind ganz leicht nach innen gedreht, aber der Winkel wirkt irgendwie unnatürlich, findest du nicht auch?«

Garcia kniff die Augen zusammen und hob das Album ans Gesicht. »Okay.« Er nickte. »Ein kleines bisschen, aber hält er die Arme nicht mit Absicht so – du weißt schon, um muskulöser zu wirken?« Garcia demonstrierte eine übertriebene Version der Pose – die Arme leicht angewinkelt, die Brust herausgeschoben. »So was machen Teenager doch.«

»Nein, daran liegt es nicht. Siehst du? Die Krümmung ist nicht am Ellbogen, sondern ein Stück tiefer.«

»Stimmt, jetzt sehe ich es auch.«

Hunter blätterte einige Seiten zurück und deutete auf zwei andere Fotos. Das erste zeigte Terry, Joana und Joseph vor einem großen, hell erleuchteten Weihnachtsbaum. Diesmal stand Joseph vor seiner Mutter und Terry links von den beiden. Er hatte die Zunge herausgestreckt, schielte und schnitt eine Grimasse. Joana hatte die Arme auf die Schultern ihres Sohnes gelegt und die Hände vor seiner Brust gefaltet. Beide lachten über Terrys Albernheiten.

Das zweite Foto, auf das Hunter seinen Partner aufmerksam machte, zeigte Terry, wie er den strahlenden, etwa fünfjährigen Joseph auf den Schultern trug.

»Und jetzt schau dir diese Fotos an«, sagte Hunter. »Oder ein anderes Foto auf der Seite. Siehst du da auch diese Krümmung der Arme?«

Garcia ließ sich Zeit.

»Nein«, sagte er schließlich. »Hier sehen seine Arme ganz normal aus.«

»Weil sie es sind«, sagte Hunter.

Garcia sah seinen Partner an. »Und was bedeutet das? Dass er sich beide Arme an exakt derselben Stelle kurz unterhalb des Ellbogens gebrochen hat?«

»Ja, genau.« Hunter nickte, ehe er die rechte Augenbraue hochzog. »Und das ist der Grund, weshalb mein Kopf versucht hat, irgendwelche Zusammenhänge zu konstruieren, wo es höchstwahrscheinlich keine gibt.« Er zeigte auf das Foto mit dem Weihnachtsbaum. »Keine Krümmung der Arme.« Dann blätterte er ans Ende des Albums. »Hier aber schon. Das heißt, Joseph muss sich irgendwann zwischen sechs und vierzehn die Arme gebrochen haben, richtig?«

»Ja.« Garcia nickte. »Okay.«

»Meine Vermutung ist, dass er ungefähr zehn war«, fuhr Hunter fort.

»Wie kommst du darauf?«

Er reichte seinem Partner zwei einzelne Fotos aus der Schachtel. »Schau dir das hier noch mal an.«

Eins der Fotos zeigte Joseph und seine Mutter vor einem kleinen Wasserfall – wahrscheinlich in einem Landschaftspark. Der Himmel hinter ihnen war strahlend blau und wolkenlos. Joana trug ein rot-weiß gepunktetes Sommerkleid, Joseph ein schwarzes Langarmshirt.

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