Der Tanz des Schmetterlings by Willett Marcia

Der Tanz des Schmetterlings by Willett Marcia

Autor:Willett, Marcia [Willett, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-06T05:00:00+00:00


SIEBENUNDZWANZIG

Lizzie duschte und überlegte sich dann in aller Ruhe, was sie zum Dinner mit Felix anziehen sollte. Sie schwebte auf Wolke sieben. Dass sie ihn gefunden hatte – und den Vogelkäfig! Allein schon das Gespräch mit Felix hatte die Gespenster der Einsamkeit vertrieben, die sie seit Monaten plagten. Offensichtlich war seine Freude genauso groß gewesen wie ihre, und auch das versetzte sie in Hochstimmung.

Übertrieben sentimental sang sie »Can’t help loving that man of mine«, während sie ihre dichten Locken zu einem Knoten im Nacken schlang. Sie blieb noch einen Moment vor dem Spiegel sitzen und schnitt Gesichter – immer wieder fand sie es erstaunlich, welche Ausdrucksmöglichkeiten das menschliche Mienenspiel bot. Ihr ging durch den Kopf, wie Felix das mit Piers wohl hinbekommen würde, und sie versuchte, sich seine Reaktion vorzustellen: Sie sah Felix vor sich, wie er in seinem Ohrensessel saß, ihm gegenüber Piers, aber welche einleitenden Worte würde er wählen, wie würde die Szene beginnen? Sie probierte ein paar Formulierungen aus, fand sie jedoch übertrieben dramatisch oder erbärmlich banal. Es lag auf der Hand, dass es nicht leicht war, Piers einzuweihen, ohne Unmut bei ihm zu wecken.

»Weißt du noch, als du klein warst, hatte ich doch eine Geliebte …?« oder: »Du kommst nicht drauf, wer in Dunster ist, Piers …«

Wie sollte Felix seinem Sohn ihre Anwesenheit erklären, ohne dass der Verdacht entstand, das Ganze wäre von langer Hand geplant gewesen?

»Weißt du, Piers, Pidge und Angel sind schon lange tot, und als Lizzie ihren Mann verlor, hat sie beschlossen …«

Was hat sie beschlossen? Den Liebhaber ihrer Mutter zu suchen? Nach fünfunddreißig Jahren? Sie konnte sich Piers’ ungläubiges Gesicht gut vorstellen. Bestimmt dachte er, dass sie seit Angels Tod mit Felix in Kontakt stand oder dass die Affäre wesentlich länger gedauert hatte, als Felix eingestand. Auf ihre Frage, wie er seinem Sohn die Sache mit dem Vogelkäfig erklärt habe, hatte Felix gesagt, Piers hätte sich nie danach erkundigt – als wolle er eine für ihn schmerzliche Antwort nicht hören.

Allmählich wich ihre Hochstimmung einem tiefen Mitgefühl. Für Piers war es schlimm genug zu wissen, dass sein Vater untreu gewesen war, und wenn die Tochter der Geliebten plötzlich auftauchte, wurde das sicher nicht besser. Schaudernd zog sie den Frotteemantel enger um sich. Konnte es so schlimm sein, über Ereignisse zu sprechen, die so lange zurücklagen? Lizzie schüttelte den Kopf – wenn sie an Felix’ Gesicht dachte, wurde ihr klar, dass sie sich von Wunschdenken leiten ließ. Gefühle, die sehr tief begraben lagen, erwiesen sich, wenn sie wieder ans Licht geholt wurden, oft als genauso frisch und heikel wie damals, als sie mit aller Macht verleugnet wurden. Sogar Felix, der sich den schlimmen Folgen seines Verhaltens gestellt hatte, war es schwer gefallen, über bestimmte Aspekte der Vergangenheit zu sprechen. Und mit Piers darüber zu reden wäre bestimmt nicht einfacher.

Lizzie hatte das Gefühl, sie könne jetzt einen Aperitif vertragen. Ihre Uhr zeigte nicht einmal halb sieben, noch gut anderthalb Stunden bis zu ihrer Verabredung mit Felix. Wie gedankenlos von ihr, auf diesem Treffen zu bestehen, obwohl ihm diese Aussprache bevorstand.



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