Der stete Lauf der Stunden. Roman by Justin Go

Der stete Lauf der Stunden. Roman by Justin Go

Autor:Justin Go [Go, Justin]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783455812497
Herausgeber: Hoffmann und Campe
veröffentlicht: 2015-03-11T16:00:00+00:00


Imogen steht in dem Ulmenwäldchen hinter dem Cottage, im grauen Vorabendlicht. Es hat aufgehört zu regnen, aber von den Bäumen fallen immer noch dicke Wassertropfen. Ashley geht zu ihr, aber sie dreht sich nicht zu ihm um.

»Wer weiß von dem Kind?«

»Ein Arzt in Kensington.«

»Sonst jemand?«

»Ellie. Sonst keiner.«

Ashley sieht auf die feuchten Blätter am Boden.

»Um Himmels willen, Imogen, sei vernünftig, und nimm mich, wie ich bin, selbst wenn die Umstände alles andere als ideal sind. Sag, dass du keine Angst hast, dein Leben mit mir zu verbringen, genauso wenig wie ich.«

»Ich habe keine Angst.«

»Dann heirate mich.«

Imogen dreht sich um und legt ihre Hand auf seine Schulter. Ihre Finger gleiten über den aufgenähten goldenen Stern des Order of the Bath auf seiner Epaulette. Sie beißt sich auf die Lippe.

»Darling, ich kann es nicht. Am allerwenigsten, wenn ich nicht einmal weiß, ob ich dich je wiedersehe. Du musst von hier fort.«

Ashley schüttelt den Kopf, sieht sie an und redet mit sanfter Stimme.

»Ich kann die Armee nicht verlassen. Selbst wenn du ein Kind erwartest. Es ist einfach nicht möglich.«

»Es muss möglich sein. Es ist unsere einzige Chance.«

»Es ginge nicht, selbst wenn es möglich wäre. Imogen, ich habe Männer in ihren Tod geführt. Männer, die bereitwillig marschierten, weil ich ihnen den Befehl gab. Männer mit Familien.«

»Selbst getötet zu werden bringt sie auch nicht zurück.«

»Das stimmt. Aber ich habe die Pflicht …«

»Hast du keine Pflicht mir gegenüber? Oder unserem Kind gegenüber?

»Selbstverständlich.«

»Welche bedeutet dir mehr?«

»Ich muss darüber nachdenken.«

Imogens Stimme versagt. Sie schüttelt den Kopf, ihre Augen glänzen.

»Aber du wirst nie eine Antwort finden. Verstehst du das nicht? Und ich halte keine Woche mehr durch, in der ich nachts dreimal wach werde und weiß, du wirst tot und kalt sein, bevor mich die Nachricht erreicht. Ashley, wenn du zurückgehst, werde ich dich nie wiedersehen, das weiß ich. Ich habe es in Albträumen ein Dutzend Mal erlebt, dass ich nach dir suche, aber du hast nicht einmal ein Grab.«

»Du bist nur verängstigt«, unterbricht Ashley sie. »Du bist verängstigt und bildest dir Dinge ein, aber das macht sie nicht wahr. Wir alle haben manchmal Angst. Aber ich bin Offizier. Ich kann meine Männer nicht im Stich lassen, weil ich sie damit in Gefahr bringe.«

»Du bist ein Mann. Ein Mann, der nur ein Leben hat und es verlieren wird. Lass dich irgendwohin versetzen, wo es sicher ist, nur fort von der Front. Du bist verwundet worden, lass dich von den Ärzten aus dem aktiven Dienst ausmustern. Ich weiß, du könntest das, andere haben es auch …«

»Ich kann das nicht tun. Und ich werde es nicht tun.«

»Du willst es nicht für mich tun? Für unser Kind, Ashley?«

»Ich kann nicht.«

Imogen ringt die Hände.

»Und du erwartest von mir, dass ich einfach dasitze und warte? Dass ich jede Nacht wach liege, dein Kind in meinem Bauch, und weiß, du wirst es nie sehen, weil du nicht wolltest …«

»Ich kann die Armee nicht verlassen.«

»Dann kann ich nicht auf dich warten.«

Imogen schluckt mühsam. Sie sieht Ashley an, ihre Augen groß und feucht, die Wangen gerötet, während sie ihr Gesicht leicht von einer Seite zur anderen dreht, den Mund geöffnet, ohne ein Wort zu sagen.



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