Der Sommer des Todes (German Edition) by Noah Fitz

Der Sommer des Todes (German Edition) by Noah Fitz

Autor:Noah Fitz [Fitz, Noah]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2017-07-06T22:00:00+00:00


Kapitel 17

Richard nahm eine Abkürzung. Er fuhr in eine Einbahnstraße, von der nur die Einheimischen wussten. Erneut kam er an dem Haus vorbei, in dem er die letzten Jahre hier in Markstetten verbracht hatte. Eine gekrümmte Gestalt hielt sich wackelig auf den Beinen und schob einen Besen vor sich her. In der kleinen Person erkannte er Anneliese. Sie trug einen grünen, wattierten Mantel, der an den Ellenbogen fadenscheinig war, sodass er die Füllung durch den Stoff hervorquellen sah. Sie kehrte den matschigen Schnee vom Gehsteig auf die verschlammte Straße und hinterließ eine dunkle, gezackte Spur hinter sich. Richard stieg aus dem Wagen. „Hallo Anneliese“, begrüßte er die Frau, die eine gefühlte Ewigkeit lang brauchte, um sich umzudrehen. Ihr von unzähligen Fältchen zerfurchtes Gesicht war von einer dicken Mütze umrandet. Ihre wässrigen, wie trübe Pfützen grün-grauen Augen taxierten ihn eine Weile, bis er darin ein zaghaftes Funkeln erahnen konnte. ‚Sie hat mich erkannt‘, stellte er mit einem flüchtigen Flattern in seiner Brust fest. Angenehme Wärme durchströmte seinen Körper.

„Heute Nacht wird es wieder schneien, deine Arbeit ist verlorene Liebesmüh“, scherzte er.

Anneliese entblößte ihre Zähne. Ihre faltigen Lippen glänzten. „Ordnung ist das halbe Leben. Die Arbeit hält einen fit. Die Tugend von damals ist euch jungen Menschen abhanden gekommen. Schau mal, was sie aus der Wiese gemacht haben“, empörte sich Anneliese, richtete unbeholfen die Mütze und deutete mit ihren knorrigen Fingern ein Stück nach links. Er folgte ihrer geröteten Hand und sah, was sie meinte. Ihm bot sich ein Bild dar, welches er von überall her kannte. Mehrere Container standen aneinander gereiht da und verdeckten ihm die Sicht zum Wald. „Ihr lasst die Politiker einfach gewähren. Warum tut ihr nichts dagegen? Ihr lasst Männer in unser Land, die ihre Frauen nicht mitnehmen wollen. Habt ihr etwa das Bumsen verlernt, oder warum bekommen unsere Mädchen keine Kinder mehr?“ Sie war schon immer für ihr vorlautes Mundwerk bekannt, darum erstaunte ihn ihre gewöhnungsbedürftige Ausdrucksweise nicht wirklich. Er musste freudlos auflachen. „So kann es mit euch nicht weitergehen. Keiner geht mehr in die Kirche. Wenn ihr den Glauben an Gott verloren habt, so dürft ihr aber nicht den Glauben an die Ehe verlieren, wo kommen wir denn sonst hin?“, fuhr sie fort und hielt sich an dem Holzstiel fest. Ihr Gesicht hatte dunkle Flecken, das spitze Kinn mit einem Grübchen in der Mitte hatte einen bläulichen Schimmer angenommen. Nicht der Zorn sprach aus ihr, sondern Enttäuschung. „Hilf mir bitte ins Haus, sonst finde ich den Weg nicht mehr zurück bei dem Wind.“ Tatsächlich kam eine Windböe auf und wirbelte den Schnee von den Baumästen herunter. Das Kratzen in Richards Hals hatte sich verschlimmert. Er steckte die Schlüssel in die Tasche, nahm den Besen und half der alten Frau zurück ins Haus. Den BMW ließ er auf der linken Straßenseite, die an die verbaute Wiese angrenzte, einfach so stehen. Richard vergewisserte sich, ob der Wagen tatsächlich abgeschlossen war, und betätigte erneut den Türschließer, der Wagen quakte, auch die Blinker leuchteten zweimal auf. ‚Hier kommt eh keiner vorbei‘,



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