Der Schelm von Venedig: Roman (German Edition) by Moore Christopher

Der Schelm von Venedig: Roman (German Edition) by Moore Christopher

Autor:Moore, Christopher [Moore, Christopher]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-05-25T16:00:00+00:00


15

Welch klebriges Gespinst

CHORUS:

Pläne in des finst’ren Jagos Sinnen

Entwirren sich wie ein Gespinst von Spinnen.

Ein jeder Blick droht ihn zu kränken,

Genug, den Rachepfeil auf sich zu lenken.

Der Mondenschein enthüllt die List

Und zeigt, dass der Schurke irre ist.

Sein Verstand scheint gänzlich abgeschaltet,

Die Bosheit wird durch Tat erst ganz gestaltet.

Sobald sie in einem Wirtshaus Quartier genommen hatten, stampfte Jago vor Rodrigo auf und ab, während der Wirt, der so gut wie taub war, um sie herum den Boden feudelte.

»Hast du ihn gesehen? Hast du ihn gesehen? Hast du ihn gesehen? Oh, dieser Buchhalter, dieser Arithmetiker, dieser gelehrte Theoretiker … Der ist doch kein Soldat, oder?«

»Othello?«, erkundigte sich Rodrigo, der wohl dem Sinn der Hasstirade folgen konnte, doch nicht recht wusste, um wen es ging.

»Nein! Nein, nicht Othello, auch wenn alle Geister wissen, dass ich ihn noch mehr verachte: der Florentiner Michael Cassio. Hast du nicht gesehen, wie er Desdemona umschlingt? Wie die Tentakel eines Ungeheuers?«

»Er spendete der Dame Trost. Ihr hattet ihr gerade erst vom Tode ihres Vaters berichtet.«

»So spricht der Freier, der am deutlichsten zurückgewiesen wurde. Ich sage dir, Rodrigo, Cassio ist ein niederträchtiger Opportunist. Trost ist seine Tür, doch Lust ist sein Heim – ich möchte wetten, dass der Florentiner selbst in diesem Augenblick in Desdemonas Armen keucht. Das ist seine Natur. Ich vermute, dass er auch meiner Frau manch männliche Pflicht unter der Decke erfüllt hat. Hast du nicht bemerkt, wie sie ihn ansieht?«

»Wahrlich? Cassio? Auch mit Emilia? Seid Ihr deshalb hier im Wirtshaus abgestiegen statt bei ihr?«

»Ach, ich will nicht klagen über mein treuloses Weib. Hast du gesehen, wie sie zuließ, dass der Florentiner sich über ihre Hand beugte wie ein brünstiges Tier? Von allem, was mich gegen ihn einnimmt, gilt doch nichts seinem feuchten Treiben mit Emilia, denn sie ist eine falsche Schlange wie alle ihres Geschlechts. Dass Cassio mir meinen Aufstieg stahl, dafür verdient er meinen Hass, doch dass er mir die Frau nahm und nun Desdemona – für diese seine Schwäche bin ich dankbar, denn wir können sie für unsere eigenen Zwecke nutzen … seinen Untergang.«

»Wie das?«, fragte Rodrigo. »Habt Ihr nicht gesehen, dass Desdemona mich heute wie einen Fremden behandelte, noch bevor sie vom Tod ihres Vaters erfuhr? Und das, obwohl sie von Euch mein ganzes Vermögen erhielt, um ihr meine Zuneigung zu zeigen. Jetzt steht mir nicht nur der Mohr im Wege, sondern auch noch Cassio!«

»Hör auf zu jammern, Rodrigo. Desdemona wird dich niemals ranlassen, wenn du jammerst.«

»Verzeiht. Aber das viele Geld, und dabei kennt sie mich. Schließlich habe ich sie oft genug im Hause ihres Vaters besucht.«

»Oft genug, ja? Oft genug, bis du anfingst, ihre Magd zu stechen?«

»Nun ja, aber Nerissa hat doch so hervorragende Brüste und … Ihr habt recht, Jago, Frauen sind hinterhältige Schwindlerinnen. Jammere ich schon wieder?«

»Zeig keine Furcht, Rodrigo. Desdemona ist jung und lebhaft. Bald schon wird sie Othellos überdrüssig werden, und der hübsche Cassio soll der Hebel sein, mit dem wir sie den Armen des Mohren entreißen.«

»Wie sollte das nützen? Sie geht von Othello zu Cassio, und ich stehe immer noch allein da, ohne Desdemona und ohne Geld.



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