Der Ritter by Ralph Keim

Der Ritter by Ralph Keim

Autor:Ralph Keim [Keim, Ralph]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Sutton Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Ende Oktober zog Heinrich VI. in Messina ein, wo er Hoftag abhielt. Die Stadt bekam umfassende Privilegien und Handelsrechte zugesprochen. Auch ließ der Staufer eine Liste der zu verbannenden Adligen und Bürger erstellen.

„Jetzt fehlt nur noch Palermo“, sagte er abends, als er wieder einmal seine engsten Getreuen um sich versammelt hatte und mit ihnen tafelte. „Ich bin mir sicher, dass Königin Sibylle und ihr Sohn Wilhelm sich dort aufhalten.“

„Wie werdet Ihr vorgehen, Majestät?“ Es war Markward von Annweiler anzusehen, was in seinem Kopf vorging.

Heinrichs Antwort stellte den Wüterich denn auch sichtlich zufrieden. „Wir ziehen gen Palermo! Wenn die Stadt sich gegen uns stellt und Tankreds Weib und dessen Sohn versteckt hält, werden ihre Bewohner die Konsequenzen tragen müssen. Ich bin durchaus bereit, ein zweites Salerno zu befehlen.“

Doch so weit kam es nicht. Denn bereits am übernächsten Tag, als Heinrichs Tross östlich von Palermo lagerte, erreichten Boten die kaiserlichen Quartiere. Palermo habe das Ansinnen der Königin, ihr und ihrem kleinen Sohn Zuflucht zu bieten, abgelehnt. Die Stadt stand zu dem römisch-deutschen Kaiser.

Wieder konnte Heinrich zufrieden sein. „Schreib nieder, dass Wir großzügigerweise Wilhelm und seiner Mutter Sibylle die Grafschaft Lecce und das Fürstentum Tarent überlassen“, diktierte er Ludger. „Dort mögen sie in Frieden leben. Im Gegenzug erwarten Wir die Auslieferung Wilhelms und die Herausgabe der Krönungsinsignien.“

Und wieder klappte alles nach Heinrichs Wunsch. Sibylle stimmte den Forderungen des Kaisers zu, und so konnte der Staufer am 20. November 1194, einem milden, freundlich-sonnigen Tag, in Palermo seinen triumphalen Einzug halten.

Dabei zeigte sich auch Wolfram beeindruckt. Die Bewohner der Stadt bereiteten den Deutschen einen begeisterten Empfang. Kinder und Frauen wedelten freundlich mit getrockneten Blumensträußen, die Männer hatten demütig die Köpfe gebeugt. Die Häuser, an denen die Ritter und die engsten Gefolgsleute des Kaisers vorbeiritten, waren geschmückt mit leuchtenden Teppichen und farbenfrohen Blumengebinden. Von überall her ertönte fröhliche Musik. Gaukler verblüfften mit ihren trickreichen Darbietungen, gezähmte Tiere zeigten kleine Kunststücke. Die Straßen und Wege waren mit Palmenzweigen bedeckt und von einem Wohlgeruch durchzogen, der nicht nur Wolfram schnell die Sinne benebelte. Der Ritter wusste, dass die Adligen der Stadt den Deutschen entgegenzogen und den Kaiser auf dem Marktplatz in Empfang nehmen wollten.

Der Rheinboder, der auf einem prächtigen Hengst in der Stadt einritt, streckte sich und versuchte, einen Blick auf Heinrich zu erhaschen. Dessen in der hellen Wintersonne glänzende Rüstung fiel ihm sofort ins Auge. Obwohl Wolfram nur den schmalen Rücken des inmitten seiner höchsten Fürsten reitenden Staufers sehen konnte, war er sicher, was in dessen Kopf vorging. Heinrich VI. hatte ein Reich erobert, das größer und gewaltiger war als das seiner Vorgänger.

Auf dem Markplatz vereinigte sich der Zug der deutschen Eroberer mit dem der Adligen Palermos. Zusammen zog man nun zum normannischen Königspalast, den einst die legendären Sarazenen auf dem höchsten Punkt der Stadt erbaut hatten. Dort angekommen, musste Wolfram erst einmal durchatmen. Eine solche Pracht hatte er nicht erwartet. Der Rheinboder hatte ausreichend Fantasie sich auszumalen, wie bunt und farbenprächtig es hier in den Frühlingsmonaten aussehen musste. Dann war der Palast mit Sicherheit in ein die Sinne berauschendes Blütenmeer getaucht.



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