Der Prozess um den Medicus by Horst Rankl
Autor:Horst Rankl [Rankl, Horst]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-06-12T16:00:00+00:00
DER HUPFAUF MUSS UMDENKEN
Die beiden Verschwörer sind vor der Herberge des Hupfauf angelangt. Der Götz geht schnurstracks zur groÃen Hausglocke, die rechts neben dem Tor angebracht ist, und läutet Sturm. â »Hupfauf, mach auf!«
Das Tor öffnet sich einen Spalt und der Hupfauf erscheint: »Was schreist du so, Götz?«
»Wir wollen uns über den Fall Remigius mit dir unterhalten.«
»Wieso? Ich hab dem Rat schon alles berichtet.«
»Das wissen wir, Hupfauf. Doch wir hätten dazu auch einige Fragen.«
»Ach, rutscht mir doch den Buckel runter«, erwidert der Hupfauf und will das Tor schlieÃen.
Der Götz aber ist schneller, schon steckt sein Stiefel im Türspalt.
»Du solltest uns hineinlassen, bevor die Bürger auf uns aufmerksam werden«, warnt der Götz in scharfem Ton. Der Hupfauf öffnet also schlieÃlich das schwere Tor, lässt die beiden ein und schiebt dann schnell den Riegel von innen vor.
»Du hast gesehen, wie der Remigius und seine Gehilfen an den Fastentagen Fleisch gegessen haben!«, stellt der Mesner ohne Umschweife fest.
»Hab ich! An vier Tagen hintereinander hab ich's gesehen«, erwidert der Wolf Hupfauf mürrisch.
»Du hast das auch beeidet.«
»Der Bürgermeister hat mir befohlen, das zu tun. War das falsch?«
»Nein«, erwidert der Mesner, »das war richtig, das macht man, um sicher zu gehen, dass die Aussage gegen den Beschuldigten auch in allen Punkten verwendet werden kann.«
»So hab ich den Bürgermeister auch verstanden. Und darum hab ich auch ohne Wenn und Aber den Eid gesprochen.«
»Und du hast vor dem Eid alles ausgesagt, was du wirklich gesehen hast?«, fragt der Götz scheinheilig.
Da geht der Hupfauf hoch und brüllt den Götz an: »Was soll das? Was willst du mir damit unterstellen?«
Der Götz hält den Zeigefinger an seine Lippen, damit der Hupfauf leiser redet â es muss ja nicht jeder hören, was sie hier zu besprechen haben. »Ach, ich frag nur, denn es kommt oft vor, dass man etwas nicht sagt, weil man darüber nicht befragt wurde oder weil man was hinter dem Berg halten will!«
Mit einem Sprung ist der Hupfauf beim Götz, packt ihn an der Gurgel und schreit ihm ins Gesicht: »Du bist wohl nicht bei Trost! Was denkst du von mir?«
Der Mesner geht sofort dazwischen und befreit den Götz aus dem Griff des Hupfauf.
»Wir denken nur das Schlechteste von dir, Hupfauf!«, faucht der Mesner. »Ich kenn dich gut, drum frag ich geradewegs heraus: Hast du etwas absichtlich verheimlicht?«
»Es gibt nichts zu verheimlichen!«, beteuert der Hupfauf.
Doch der Mesner setzt nach. »So frag ich dich andersrum: Waren es nur die fünf, also der Remigius und seine vier SpieÃgesellen, die am Tisch saÃen und Fleisch aÃen, oder gab's da auch noch andere?«
»Was meinst du damit, andere könnten auch Fleisch gegessen haben?«, gibt der Hupfauf die Frage zurück.
»Das Weib des Remigius, die Kinder und was weià ich wer noch?«, meint der Mesner listig und verzieht dabei das Gesicht.
»Ach so«, erwidert der Hupfauf, dem schlagartig ein Licht aufgeht: Die beiden wollen dem Remigius weitere Verfehlungen nachweisen! Dass seine beeidete Aussage nichts mehr wert ist, kann er allerdings nicht ahnen. »Ja, die Kinder und das Weib saÃen einmal am Tisch, als ich am vierten Tag hinaufkam, um nach deren Wünschen zu fragen.
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