Der Mumienschrein by Elizabeth Peters

Der Mumienschrein by Elizabeth Peters

Autor:Elizabeth Peters [Peters, Elizabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783548249568
Herausgeber: Ullstein
veröffentlicht: 2000-08-31T22:00:00+00:00


8. Kapitel

Normalerweise sind Emersons Liebesbezeugungen so stürmisch, daß wir danach augenblicklich in Schlaf sinken, doch heute lag ich noch wach, als Emerson längst tief und entspannt atmete. Durch das offenstehende Fenster konnte ich die Sterne sehen, und ein kühler Wind strich mir über das Gesicht. In weiter Ferne heulte ein Schakal.

Doch dann – viel näher und kaum zu hören – ein anderes Geräusch! Ich setzte mich auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Da, wieder! Ein dumpfer, kaum vernehmbarer Schlag – und dann – um Himmels willen! – ein unmenschliches Gebrüll! Das Gebrüll eines Löwen!

Ich sprang aus dem Bett. Trotz meines Entsetzens empfand ich Stolz, denn diesmal hatte ich bestens reagiert und mich nicht in irgendwelchen Netzen verheddert. Ich packte meinen Sonnenschirm und stürmte zur Tür, während Emerson gerade fluchend und schimpfend zu sich zu kommen versuchte. »Vergiß nicht, deine Hose anzuziehen, Emerson!« rief ich noch schnell.

Da wir nur einen Löwen beherbergten, war es nicht weiter schwer, das Zimmer zu identifizieren, aus dem das Gebrüll gekommen sein mußte. Ramses’ Zimmer lag direkt neben unserem. Ohne anzuklopfen, öffnete ich die Tür.

Drinnen war es dunkel, denn der gesamte Fensterrahmen wurde von einer menschlichen Gestalt ausgefüllt, auf die ich sofort einschlug, ohne mich lang zu besinnen. Doch leider trafen meine Prügel genau das falsche Ende des Eindringlings, so daß seine Flucht nur beschleunigt wurde, denn sein Kopf und seine Arme befanden sich bereits außerhalb des Fensters. Bevor ich ihm folgen konnte, riß mich ein durchdringender Schmerz in meinem linken Fuß zurück, und ich fiel zu Boden.

Mittlerweile war der gesamte Haushalt aufgewacht. Schreie und Rufe ertönten aus allen Ecken. Emerson war der erste, der die Bühne betrat. Er rannte blindlings ins Zimmer und stolperte als erstes über mich. Danach kam John, der sich mit einer Lampe und einem dicken Stock bewaffnet hatte. Dank der Lampe konnte er den Schlag, den er gegen Emersons Körper führen wollte, gerade noch bremsen. Wenn ich Luft gehabt hätte, hätte ich ihm meine Anerkennung dafür ausgesprochen, daß er an die Lampe gedacht hatte, aber der Löwe knabberte immer noch an meinem Fuß, auch wenn er jetzt eher spielerisch mit mir umging, da er mich offenbar erkannt hatte.

Emerson sammelte seine Gliedmaßen ein und stand auf. »Ramses!« rief er. »Ramses, wo bist du?«

Jetzt erst fiel mir auf, daß wir bisher nichts von Ramses gehört hatten, was äußerst ungewöhnlich war. Auf seinem Bett türmten sich Decken, aber von dem Jungen war nichts zu sehen.

»Ra-a-amses!« schrie Emerson laut, wobei sein Gesicht ganz rot wurde.

»Ich bin unter dem Feldbett«, sagte eine schwache Stimme.

Es war Ramses. Emerson zerrte ihn hervor und wickelte Ramses aus dem Bettuch, in das man ihn verschnürt hatte. Danach preßte er seinen fast verlorenen Sohn an die Brust. »Sag, Ramses, bist du verletzt? Was haben sie mit dir gemacht, Ramses, mein Sohn …«

Nachdem Ramses etwas gesagt hatte, war ich fast beruhigt. Ich sperrte erst einmal den Löwen in seinen Käfig und sagte dann sehr sanft: »Emerson, er kann dir beim besten Willen nicht antworten, wenn du ihm die Luft abdrückst.



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