Der Multikulti-Irrtum (www.boox.bz) by Seyran Ateş

Der Multikulti-Irrtum (www.boox.bz) by Seyran Ateş

Autor:Seyran Ateş [Seyran Ateş]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8437-0175-4
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH
veröffentlicht: 2015-05-03T16:00:00+00:00


Die Scharia in muslimischen Ländern

In einigen Ländern der islamischen Welt hat die Scharia weniger, in anderen hat sie mehr Einfluss auf die Gesetzgebung. Die Taliban in Afghanistan etwa haben ein ganz anderes Verständnis der Scharia und wenden sie völlig anders an als zum Beispiel Jordanien, der Iran oder Saudi-Arabien. Während einige islamische Länder die Scharia als Rechtsgrundlage ansehen und keinerlei weltliche Gesetze anerkennen, haben andere Länder eine tatsächliche Trennung zwischen den schariatischen Regelungen und der Gesetzgebung etabliert.

Die Türkei ist das einzige muslimische Land, in dem die Scharia ganz abgeschafft wurde. Jedenfalls offiziell. Ihren Einfluss auf das alltägliche Leben vor allem in ländlichen Gegenden konnte Atatürk, der Gründungsvater der türkischen Republik, allerdings nicht restlos beseitigen. Zivilrechtlich ist die Vielehe zum Beispiel in der Türkei verboten und Bigamie ist ein Straftatbestand. Dennoch werden Viel»ehen« insbesondere im Osten der Türkei in großer Zahl geschlossen. Eine der Ehefrauen wird standesamtlich geehelicht, die andere lediglich nach einem religiösen Ritual vor einem islamischen Geistlichen, einem Imam. Die türkische Regierung erlässt in regelmäßigen Abständen Amnestien für diese Art »Gesetzesumgehung«, damit die Kinder und Frauen aus diesen Ehen nicht ganz recht- und schutzlos dastehen.

In all den Ländern, in denen die Scharia die Rechtsgrundlage darstellt, ist eine extrem schlechte Situation der Frauen zu beklagen. Das ist seitens vieler Islamisten auch so gewollt, wobei sie natürlich die Lebensverhältnisse der Frauen niemals als desolat bezeichnen würden, sondern als deren Rechten und Pflichten angemessen. In Somalia und dem Sudan werden unverheiratete Frauen, die schwanger werden, oder Ehefrauen, die in Abwesenheit ihrer Ehemänner schwanger werden, durch Steinigung getötet. In Saudi-Arabien und dem Iran können sogar Frauen gesteinigt werden, die durch eine Vergewaltigung schwanger wurden.

Seit 1990 wird die Scharia in muslimischen Ländern immer wichtiger. Das hängt sicherlich auch mit der Kairoer Deklaration vom 5. August 1990 zusammen. Die Deklaration ist das islamische Gegenstück der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Sie wurde verabschiedet durch Mitgliedstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), einer zwischenstaatlichen internationalen Vereinigung, die am 25. September 1969 gegründet wurde. Derzeit besteht die Organisation aus 57 Staaten, in denen der Islam Staatsreligion, Religion der Bevölkerungsmehrheit oder Religion einer großen Minderheit ist.

Es mag sein, dass die Kairoer Erklärung nicht unbedingt einen Niederschlag in der nationalen Gesetzgebung oder Rechtsprechung der unterzeichnenden Länder gefunden hat. Sie gilt aber als Richtschnur, und sie gibt deutlich Aufschluss über die Lage der Menschenrechte in den betreffenden Ländern. Immerhin haben sich 45 Staatsmänner getroffen, um die Erklärung in die Welt zu setzen. Damit haben sie der westlichen Welt gegenüber demonstriert, dass sie eine eigene Definition von Menschenrechten haben.

Die Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam weicht in Artikel 1 bereits derart eklatant vom Verständnis der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 ab, dass eine weitergehende Kommentierung eigentlich nicht nötig ist. Artikel 1 lautet:

»a) Alle Menschen bilden eine Familie, deren Mitglieder durch die Unterwerfung unter Gott und die Abstammung von Adam verbunden sind. Alle Menschen sind gleich im Sinne der grundlegenden Menschenwürde sowie der Grundrechte und Grundpflichten, ohne jede Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Sprache, Geschlecht, religiösem Glauben, politischer Zugehörigkeit, sozialem Status oder anderer Erwägungen.



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