Der Marsch by Doctorow E. L
Autor:Doctorow, E. L. [L., Doctorow E.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Fischer TB, 2009
veröffentlicht: 2014-03-23T16:00:00+00:00
Er dachte immer noch an sie. Wie sie die Wörter verschliff, ihre ungekünstelte, unbekümmerte Art, sich zu halten und zu bewegen â alles deutete daraufhin, dass Schwester Jameson ein schwarzes Mädchen war, eine befreite Sklavin, die für die Union arbeitete.
Walsh war davon nicht schockiert. Monatelang hatte er sich auf dem Marsch befunden, und die Tatsache, dass es hellhäutige Neger gab, überraschte ihn nicht mehr. In diesem eigenartigen Land hier unten, das über Generationen hinweg seinen hässlichen Gepflogenheiten gefrönt hatte, waren Sklaven nicht mehr einfach schwarz, sondern in allen möglichen Abstufungen weiÃ. Ja, dachte er, falls der Süden siegen sollte, dann könnte theoretisch einmal eine Zeit kommen, in der einem Menschen die Freiheit nicht mehr allein dadurch garantiert ist, dass er weià ist. Jeder könnte in Leibeigenschaft geraten, in Ketten geworfen und vom Auktionsblock herunter verkauft werden. Die Farbe Schwarz wäre dann nur ein vorübergehend zweckdienlicher Vorwand gewesen, die zugrundeliegende Idee jedoch, überhaupt eine Sklavenklasse zu erzeugen.
An dieser Miss Jameson war jedoch noch etwas anderes rätselhaft. Sie hatte in ihrem weichen, federnden Tonfall mit ihm gesprochen, ihn ein bisschen geneckt, ihn aber mit Augen angesehen, über die manchmal für einen winzigen Moment ein Hauch von Verwirrung huschte. Und die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich seiner verbrannten Hände angenommen hatte, ihre Konzentration â die ruhige, umsichtige Aufmerksamkeit, mit der sie sich ihrer Aufgabe widmete â legte Walsh den Schluss nahe, dass dieser Person erst jüngst selbstständige Befugnisse übertragen worden waren.
Nun war er doch schockiert, als er sich bei der Erwägung ertappte, ob dieses betörende Mädchen nicht, trotz ihres Krankenschwesternamtes, gerade erst die Kindheit hinter sich gelassen hatte.
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