Der magische Zirkel by Katherine Neville

Der magische Zirkel by Katherine Neville

Autor:Katherine Neville [Neville, Katherine]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2013-01-28T16:00:00+00:00


Der Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde befindet sich in Wien in der UNO-City an der Wagramerstraße auf einer Insel zwischen Donau und Alter Donau. Jenseits des Stroms liegt der Prater mit dem berühmten Riesenrad – derselbe Vergnügungspark, wo meine Großmutter Pandora vor fünfundsiebzig Jahren mit Onkel Laf und Adolf Hitler Karussell gefahren war.

Als wir am Dienstag um neun Uhr morgens in Schwechat landeten, wurden wir bereits von Wolfgangs Mitarbeiter Lars Fennish erwartet, der uns mitsamt unserem Gepäck zu den ersten Besprechungen in die UNO-City brachte. Nach der langen und anstrengenden Reise, während der ich wenig geschlafen hatte, war mir nicht nach viel reden zumute. Ich saß still auf dem Rücksitz, und während sich die zwei Männer auf deutsch über unseren Tagesablauf unterhielten, blickte ich durch die blaugetönten Scheiben auf die trübselige Vorstadtkulisse. Doch als wir uns Wien näherten und den Fluß überquerten, tauchten Erinnerungen an früher auf.

Ich hatte Wien vor rund zehn Jahren das letzte Mal gesehen, aber bis jetzt war mir nie klar geworden, wie sehr ich die Stadt meiner Kindheit vermißt hatte, all die Weihnachtsfeste und Ferien, die ich mit Jersey inmitten der Musikwelt bei Onkel Laf verbracht hatte, wo ich Lebkuchen und Plätzchen gegessen, mit Bändern und Schleifen verschnürte Geschenkpakete geöffnet und Ostereier gesucht hatte. Mein Bild von Wien war schöner und bunter als das Bild, das die Stadt dem Rest der Welt präsentierte – »die Stadt von Strudel, Schnitzel und Schlagobers«, wie es Onkel Laf ausdrückte. Ich sah ein anderes Wien, eine Stadt mit so vielen Traditionen, dem Flair so vieler verschiedener Kulturen und spürte in allem den Zauber ihrer Geschichte.

Die Donau ist der Strom, der West- und Osteuropa verbindet. Im 7. Jahrhundert v. Chr. erschlossen die Griechen den Unterlauf der Donau und nannten ihn Istros. Am Oberlauf bildete der Fluß seit Kaiser Oktavian die Nordgrenze des Römischen Reichs und hieß dort Danubius. Aber wie auch immer dieser Fluß im Lauf der Jahrhunderte von den Völkern genannt wurde – alle Formen seines heutigen Namens gehen zurück auf das keltische Wort »Danu« – das Geschenk.

Das Wasser der Donau war ein Geschenk für alle Länder, die an ihrem Weg lagen. Sie kümmerte sich nicht um Grenzen, überwand alle künstlichen oder natürlichen Hindernisse und brachte allen das lebenspendende Wasser. Und sie hatte noch ein Geschenk, und das war der Wein, der an ihren Ufern geerntet wurde und nach dem Wien, einst Vindobona, benannt wurde.

Auch heute sah ich auf den Hügeln die Reihen der Rebstöcke und dazwischen das gelbe Stroh der letztjährigen Getreideernte – eine Gabe der Göttin Ceres. Aber der Wein war das Geschenk des Gottes Dionysos, das Schmerzen linderte, Träume schenkte und zum Tanz anregte, dem sich die Mänaden im Gefolge des Dionysos bis zur Raserei hingaben. Ich dachte, wenn es eine Stadt gab, die diesem Gott gehörte, dann war es Wien, die Stadt von Wein, Weib und Gesang.

Ich selbst war hier in frühester Jugend mit diesem Gott zusammengetroffen, als Jersey bei einer Matinee in der Staatsoper Richard Strauß »Ariadne auf Naxos« sang. Von ihrem Geliebten Theseus auf Naxos verlassen, will sich Ariadne dem Tod in die Arme stürzen.



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