Der junge Tischlermeister by Tieck Ludwig

Der junge Tischlermeister by Tieck Ludwig

Autor:Tieck, Ludwig
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00


Die Gesellschaft war in Bewegung, und hin und wieder sprach man davon, daß vielleicht in kurzem ein zweites Stück würde aufgeführt werden. Da das Theater einmal errichtet war, und man Dekorationen gemalt, sowie mancherlei Kleidung und andere Dinge zu dieser Ergötzlichkeit mit bedeutenden Kosten angeschafft hatte, so war es an sich nicht unwahrscheinlich, daß diejenigen, welche sich Talent zutrauten, auch wohl Lust haben könnten, den Scherz weiter fortzuführen. Man war daher auf etwas; Ähnliches vorbereitet, als der Professor Emmrich schon am folgenden Tage alle Bewohner des Schlosses in den Gesellschaftssaal beschied, um ihnen etwas vorzutragen. Mannlich, der zu Pferde wieder von seinem Gute eingetroffen war, befand sich auch zugegen.

»Meine Damen und Herren«, – fing der Professor Emmrich mit einiger Feierlichkeit an, die seiner Laune sehr gut stand, ohne eigentlich in das Komische zu fallen – »das Leben ist kurz, der Sommer noch kürzer, wir sind beisammen, das Theater ist errichtet, wir sind meist jung, keiner veraltet und morose: was hindert uns, den Spaß weiter fortzutreiben? Baron Mannlich und Elsheim waren gleichsam die Direktoren und Anstifter der vorigen Aufführung; ich wage mit Zuversicht auf Ihrer aller Freundschaft die einfache Frage, ob Sie sich für die zweite Darstellung meiner Leitung, aber freilich unbedingt, anvertrauen wollen?«

Die Redlichen und Frohherzigen gaben sogleich ihre Zustimmung, und, um nicht aufzufallen, mußte Baron Mannlich dasselbe tun, ob er sich gleich durch diese Einleitung, da er sich für den ersten Kenner hielt, verletzt fühlte. »Sind wir darüber einig«, fuhr der Professor fort, »so wollen wir einmal einen andern Versuch machen, der dem vorigen gewissermaßen ganz entgegengesetzt ist. Denn, meine verehrten Freunde, wie groß Goethe auch als Dichter sei (und wie sehr ich ihn verehre, brauche ich nicht zu wiederholen), so ist er doch keinesweges theatralisch. Dieses erste und in einem gewissen Sinne größte und herrlichste Werk des Genius gab der Jüngling damals hin, ganz unbekümmert um seine Wirkung und noch viel weniger darüber, wie es auf unserm deutschen Theater zur wirklichen Erscheinung gebracht werden könnte. Er, der die Bühne liebte, hat sie doch eigentlich niemals geachtet und noch weniger studiert. Sein Götz, welcher im Widerspruch gegen alle Gesinnung seiner Zeit war, ein Krieg gegen moderne Altklugheit und das Verkennen einer großherzigen Vorzeit, hänselte gleichsam das bestehende Theater der Nation, auf welchem man mit puritanischer Ängstlichkeit und zugleich oft roher Ungeschicklichkeit Zeit und Raum nach den überkommenen französischen Regeln beobachten wollte. Der frohe Übermut spielte mit den sogenannten Verwandlungen legte auch in diese Überschriften Poesie und zwang diese Zufälligkeit, in seinem heroischen Werke mitzuspielen und durch das Hin und Her Eile und Verwirrung auszudrücken. Ein solches Werk, welches ganz aus Liebe hervorgegangen ist, ist durch sich selbst vollendet, denn diese echte Begeisterung irrt niemals und erschafft sich selbst ihre Regel. In diesem Gedicht stehen wir also nicht vor dem Theater, wir sehen keine Dekoration; sondern, indem wir lesen, sind wir selber mit im Gedicht, wir fühlen den Duft des Bergwaldes, wir kommen aus der Mühle im Tal, wir hören das Geklirr des wirklichen Fensters, welches Götz in kräftigem Unwillen



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