Der Inseltraum by Marga Lemmer

Der Inseltraum by Marga Lemmer

Autor:Marga Lemmer
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9788494342912
Herausgeber: Zech Verlag
veröffentlicht: 2015-05-20T00:00:00+00:00


Kerstin sitzt noch eine ganze Weile und schaut mich so hingerissen an, als wäre ich ein orientalischer Märchenerzähler. Dann zucken zuerst ihre Lippen und als sie hemmungslos anfängt zu lachen, schüttelt es ihren ganzen Körper.

'Ich lach mich kaputt. Oh, ich halt’s im Kopf nicht aus... ich kann nicht mehr...'

'Und ich bin heiser und halb verdurstet.'

'Oh Marianne, hast du noch mehr solche Geschichten auf Lager? Bitte, sag!'

'Ich habe nichts mehr auf Lager, und es war keine Geschichte, sondern eine Tatsache, eine nackte Tatsache! Prost, Kerstin.'

Am nächsten Morgen weckt uns das Toben des Sturms.

'Hier kommt wirklich keine Langeweile auf', staunt Kerstin, als sie vom Balkon aus hinuntersieht auf den aufgepeitschten Atlantik.

'Hoffentlich denken sie in deinem Hotel nicht, du wärst untergetaucht oder verschleppt, oder so', sage ich später, als wir nach ausgiebigem Schwimmen beim Frühstück sitzen.

'Guck mich mal an', grinst Kerstin. 'Siehst du was?'

'Ja, ich sehe ein freches Gesicht unter salzverklebten Haaren und eine undefinierbare Figur in einem geliehenen alten Bademantel.'

'Du gehst viel zu viel nach Äußerlichkeiten', feixt sie. 'Ich dachte, du siehst, wie intelligent ich bin.'

'Ach! Das sieht man. Das ist neu für mich. Man lernt einfach nicht aus. Jetzt begreife ich langsam das Dilemma meines Lebens. Denn wenn man einem die Intelligenz ansehen kann, so sieht man ja auch mit Sicherheit die Dummheit. Na sowas, das war’s also.' Wir schauen uns an und prusten vor Lachen.

'Ich weiß, dass ich etwas Blödes gesagt habe', gibt Kerstin zu. 'Wenn du aber die Worte auch so auf die Goldwaage legst! Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich längst im Hotel bescheid gesagt habe, dass ich, falls ich einmal nicht dort übernachte, mich bester Gesundheit erfreuen und bei einer Bekannten sein würde. Natürlich hat der Rezeptionsheini gegrinst, klar, was der dachte, als er sagte: ' Sí, señora, claro.'

'Soll ich deinen Ruf retten und mich dort als deine Doña, deine Anstandsdame vorstellen?'

'Du meine Güte, nein', lacht sie, 'so macht mich keiner dort an, weil ich schon vergeben bin.'

'Man müsste dir eigentlich wirklich ansehen, wie gescheit du bist', feixe ich, 'nur deine Ausdrücke, tss, überhaupt nicht ladylike.'

'Vielleicht verstehen wir uns deshalb so gut, oder hast du nicht selbst gesagt, du würdest niemals eine Dame werden?'

In diesem lockeren Ton und mit viel Schweigen dazwischen verbringen wir den Tag und die folgenden.

Da der Sturm, der Regengüsse und empfindliche Kühle mit sich bringt, drei Tage anhält, machen wir währenddessen ein paar Ausflüge mit dem Linienbus. Wir fahren nach La Laguna, besuchen dort den Markt, die Kathedrale, essen Tapas in einer alten Bodega, wo nach altem Brauch von den Zigarettenkippen bis hin zu den Essensresten alles auf den Boden geworfen wird. Sobald es sich lohnt, kommt der Chef mit Besen und Schaufel, und die Fußbodendekoration beginnt von neuem. Als wir zahlen, schreibt er die einzelnen Beträge mit Kreide zum Addieren auf den Tresen und wischt es, nachdem wir bezahlt haben, mit einem feuchten Lappen ab. 'Das ist praktizierter Umweltschutz', lacht Kerstin.

Am Nachmittag fahren wir weiter nach Santa Cruz, bummeln durch die Einkaufsstraßen und, als die Sonne herauskommt, schlendern wir durch den herrlichen Stadtpark García Sanabria mit der prächtigen Blumenuhr.



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