Der Fall Andreas by Hans Heidsieck

Der Fall Andreas by Hans Heidsieck

Autor:Hans Heidsieck [Heidsieck, Hans]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-07T00:00:00+00:00


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Die Flüchtige hatte zunächst nach dem Absprung infolge des plötzlichen Luftanpralls das Bewußtsein verloren. Mit einem gräßlichen Angstgefühl kam sie jedoch gleich wieder zu sich. Sie blickte, stark schaukelnd, vom Wind hin und her gerissen, in wallende Nebel. Naßkalt schlug es ihr ins Gesicht. Der Schirm hatte sich richtig entfaltet und schwebte über ihr wie in drohendes Ungeheuer. Einmal hört sie ganz nahe das Surren des Flugzeugs. Dann wurde es wieder still, totenstill. Unheimlich war diese Ruhe bei einem Schweben zwischen Himmel und Erde. In ihren Ohren beginnt es zu sausen. Endlich vernimmt sie wieder Geräusche. Es ist wie eine Erlösung. Zunächst war es nur der Pfiff einer Lokomotive. Dann das Hupensignal eines Autos. Scheu blickt sie nach unten. Da kann sie plötzlich die Erde erkennen. Aber sie schauert zusammen. Ein Schwindelgefühl überkommt sie. Wäre sie nicht in den Gurten fest eingehakt, sie würde unweigerlich abgestürzt sein.

Abermals schaut sie nach unten. Immer deutlicher kann sie erkennen, daß sie auf einen Wald niedersinkt. Erneut umklammert die Angst sie. Wenn sie nun in die Kronen der Bäume fiel?

Erschreckend nah war der Wald jetzt. Sie besaß keinen Einfluß auf die Richtung des Fluges. Jetzt merkte sie auch, daß sie nicht senkrecht hinabglitt. Vom Winde getrieben, jagte sie über die Erde hin.

Jetzt griffen die Bäume nach ihr — noch zwei, drei Sekunden — — ein Aufschrei — ein jähes Knacken und Splittern von Ästen, ein furchtbarer Stoß — — abermals schwindet ihr das Bewußtsein. Aber nur für den Bruchteil einer Minute. Ein hämmernder Schmerz in den Schläfen reißt sie zurück in die Wirklichkeit. Sie hängt in der Krone einer mächtigen Eiche fest; beginnt sich mühsam aus den Gurten zu lösen. Eine gute Turnerin ist sie immer gewesen. Es ist nicht so schwierig, hinabzuklettern. Da steht sie nun auf dem naßkalten Waldboden wie ein verirrtes Tier.

Wo befindet sie sich?

Während sie darüber nachdenkt, heftet sie sich mit Sicherheitsnadeln, die sie in ihrem Handtäschchen bei sich führt, notdürftig das Kleid zusammen. Nun gilt es rasch einen Ausweg finden. Sie steckt hier mitten im Walde, sieht keinen Weg und Steg, kennt keine Richtung. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als einfach drauflos zu laufen. Irgendwo muß sie schließlich auf einen Weg, eine Straße oder gar eine menschliche Siedlung stoßen.

Nach einer Weile zeigt sich ein Fußpfad. Sie geht ihn weiter. Er neigt sich stark abwärts. Im Nebel kann sie sonst nichts erkennen.

Auf einmal mündet ihr Weg auf die Straße. Aber auf welche Straße? Wo führt sie hin?

Endlich kommt ihr ein Mensch entgegen. Er taucht aus dem Nebel wie eine Erscheinung auf. Es ist ein Waldarbeiter auf einem Fahrrad. Sie winkt ihm. Er springt vom Rade.

„Sagen Sie bitte, wo führt diese Straße hin? Ich hab mich verlaufen.“

Der Arbeiter blickt sie verwundert an. „Sie kommen wohl aus dem Kurhaus in Höchenschwand?“

Ohne lange zu überlegen bejaht sie. „Ich möchte dorthin zurück!“ fügt sie hinzu.

„Da laufen Sie gerade in falscher Richtung. Gehen Sie hier entlang. In einer halben Stunde können Sie da sein.“

„Ich danke Ihnen.“

Der Mann fährt kopfschüttelnd weiter. Nach seiner



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