Der Eismann by Ukena Silja

Der Eismann by Ukena Silja

Autor:Ukena, Silja [Ukena, Silja]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet Verlag
veröffentlicht: 2015-10-18T16:00:00+00:00


22

Als er am nächsten Morgen den Besprechungsraum betrat, war Laura Conti gerade dabei, verschiedene Fähnchen auf dem großen Berliner Stadtplan zu verteilen, der an einer Seite des Raumes die halbe Wand einnahm. An jedem Sitzplatz lag bereits ein Häufchen kopierter Blätter, die Ermittlungsakten, wie Kahn registrierte, und auf einer Tafel standen die Namen der Toten zu einem Dreieck angeordnet. Als Laura Kahns Blick bemerkte, sagte sie: »So können wir dann ein Moodboard erstellen.«

»Ein was?«, fragte Kahn.

Violetta, die gerade hereinkam und die Post verteilte, unterbrach sie: »Keine Frau Otto im Raum Wismar, die einen Bruder hat, der an der Humboldt-Uni arbeitet. Soll ich noch etwas anderes versuchen?«

Kahn winkte ab.

Laura fuhr fort. »Na, ein Moodboard eben. Man sammelt Bilder, spontane Gedanken, Fotos und Tatszenarien. Haben wir von dem Führungslehre-Seminar mit diesem FBI-Typen neulich mitgebracht.«

Was für ein Seminar?, fragte sich Kahn. Warum hatte er davon nichts erfahren? Hatte man ihn nicht eingeladen? Höchstwahrscheinlich wäre er nicht hingegangen, aber er wollte wenigstens gefragt werden.

Grantig sagte er: »Aber so machen wir das doch schon immer. Es heißt bloß anders.«

Mit dieser Reaktion hatte Laura offenkundig nicht gerechnet. »Aber ein Moodboard bietet auch Platz für Spekulationen«, sagte sie trotzig.

Mathis kam herein. Er würdigte das Moodboard keines Blickes, setzte sich wortlos und begann, die Akten zu lesen. Schließlich kam Kriminaldirektor Ehrenreich und beschwerte sich, er sei nicht benachrichtigt worden. Kahn verkniff sich die Bemerkung, dass ihn ja offensichtlich doch jemand informiert habe. »Ist die Staatsanwältin bereits auf dem Stand der …?«, setzte Ehrenreich an. Als er Kahns Kopfschütteln bemerkte, beruhigte er sich ein wenig. »Gut, das mache ich dann«, sagte er, versöhnt damit, dass wenigstens dieser wichtige Punkt nicht an ihm vorbeigegangen war. »Frau Dr. Lafrentz wollte ohnehin unlängst mit mir essen gehen.«

Als Letzter schlüpfte Adam herein, eine Tasse Kaffee und eine Papiertüte in der Hand. Er setzte sich, befreite umständlich zwei belegte Brötchen aus dem Papier, krümelte ein wenig herum und blickte erwartungsvoll in die Runde. »Also die ganze Ermittlung noch einmal von vorn?«

»So viel Zeit haben wir nicht«, sagte Kahn. »Nennen wir es lieber Wiederholung mit Variation.« Er sammelte sich kurz und fuhr dann fort. »Jemand tötet also den alten Mann in der Datsche, die ehemalige Opernsängerin in ihrer Wohnung und schließlich den ehemaligen Bankmanager auf dem Gelände eines Luxushotels. Einen Zufall schließen wir aus, geraubt wurde anscheinend nichts in größerem Umfang. Jedenfalls wissen wir von nichts. Sicher fehlen aber: der Kalender der Sängerin sowie Gepäck und persönliche Papiere des Bankmanagers und auch sein Handy. Allen drei Fällen gemeinsam ist, dass die Opfer mit der Hellabrunner Mischung betäubt wurden. Die beiden Männer wurden danach vermutlich in betäubtem Zustand unbekleidet auf einen Stuhl gefesselt und dem Tod durch Erfrieren überlassen. Aber warum nicht auch die Frau?«

»Respekt?«, sagte Laura. »Vielleicht sollte es bei ihr weniger qualvoll sein.«

»In der Wohnung wäre sie wohl kaum erfroren«, meldete sich Mathis, wieder einmal ganz Pragmatiker.

»Und wenn etwas schiefgegangen ist?«, warf Adam ein. »Der Täter wollte sie zunächst aus der Wohnung wegschaffen. Deswegen die Betäubung. Aber anstatt sofort umzufallen, ist ihr schlecht geworden oder schwindelig.



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