Der Eid der Heilerin by Posie Graeme-Evans

Der Eid der Heilerin by Posie Graeme-Evans

Autor:Posie Graeme-Evans [Graeme-Evans, Posie]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-06-11T22:00:00+00:00


Kapitel 20

Der feuchtkalte Oktober war in einen düsteren November übergegangen. Kalte Graupelschauer fegten an diesem ungemütlichen Morgen über den Fluss. William Hastings, engster Vertrauter des Königs und Großkämmerer des Palasts, schloss die letzten Vorbereitungen für den Umzug zum Weihnachtshof nach Windsor ab.

Er freute sich auf die Abwechslung, obwohl sie für seinen Stab sehr viel mehr Arbeit bedeutete. Die meisten Höflinge mochten Windsor sogar lieber als London, denn obgleich das Schloss noch immer einer abschreckenden Festung glich, war es gemütlicher als die zugigen Höfe von Westminster. Hastings hatte sich vorgenommen, den Weihnachtshof so fröhlich wie möglich zu gestalten, um den König von den zunehmenden Spannungen mit Warwick abzulenken. Und wenn die Gerüchte zutrafen, dass die Königin erneut schwanger war, gab es für den König und seinen Hofstaat genug Grund zum Feiern.

Es gab also eine Menge zu tun, und an den meisten Tagen stand William bereits vor Sonnenaufgang auf, obwohl der abendliche Trubel selten vor Mitternacht endete. Ein Mönch hatte ihm einmal erzählt, die Auswirkungen des Weins ließen sich am besten bannen, wenn man vor dem Schlafengehen möglichst viel Wasser trinke. Ein solcher Rat mutete wie reiner Selbstmord an, denn es war allgemein bekannt, dass das Londoner Wasser wegen all des in die Themse geleiteten Abfalls faulig und stets eine Quelle der Ansteckungen war. Der kluge Mönch hatte jedoch einen weiteren Rat parat gehabt. »Kocht es zuerst ab, Sir. Kocht es und lasst den Dampf mithilfe einer kalten Metallplatte kondensieren. Und das trinkt dann – das aus dem Dampf gewonnene Wasser. Es ist vollkommen sauber.« Er hatte Recht behalten, und während manche die Nase rümpften und behaupteten, das Trinken von Wasser bringe einen geradewegs zur Hölle, führte William seinen klaren Kopf auf den Genuss seines Metallwassers zurück.

An diesem unwirtlichen Morgen saß er mit erstaunlich klarem Kopf in seinem Arbeitszimmer in dem vornehmen, schwarzweiß gemauerten Neubau am Kai von St. Pauls, der mit einem schnellen Boot vom Palast aus in nur zehn Minuten zu erreichen war. Ein steter Strom von Dienstboten ging ein und aus und legte ihm Papiere zur Unterschrift vor: allesamt Anweisungen und Befehle, die es ermöglichen sollten, den Hof innerhalb der nächsten Tage auf den aufgeweichten Straßen und dem herbstlichen Fluss nach Windsor zu befördern. Im Moment war eine Unterbrechung eingetreten. Der Großkämmerer streckte sich ausgiebig und schlenderte, nur mit Kniehose und Unterhemd bekleidet, zum Fenster, wobei er sich beiläufig ein paar frische Flohstiche am Bauch aufkratzte.

Während er auf den grauen, träge unter ihm vorbeiströmenden Fluss hinunterschaute, gingen ihm allerlei Gedanken durch den Kopf. Die Königin mochte ihn nicht, so viel stand fest, aber welche Frau mochte schon den besten Freund des Mannes? Er und Elizabeth Wydeville hatten vor ihrer Heirat mit dem König miteinander zu tun gehabt. Damals war sie noch die einfache, verwitwete Lady Elizabeth Grey gewesen. Ihre mageren Ländereien grenzten an die seinen, und er hatte ihr geholfen, das Erbe ihres Sohnes Thomas den gierigen Klauen ihrer ehemaligen Schwiegermutter, der ehrwürdigen Lady Grey, zu entreißen. Vielleicht war der Grund für ihre Feindseligkeit, dass er damals einen zu hohen Preis für seine Dienste verlangt hatte.



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